Cranachs im Zwinger, Vivaldi in der Hitparade und Liebesdamen auf der Bühne

Es gab schon immer viele gute Gründe für Kultur-Interessierte, nach Dresden zu fahren. Ab sofort gibt es noch einen mehr: In der Gemäldegalerie Alte Meister im Semperbau am Zwinger erhalten 58 Werke aus der Werkstatt von Lucas Cranach dem Älteren und dem Jüngeren eine dauerhafte Heimat.

Man will ins Bewusstsein bringen, dass Dresden die weltweit größte Cranach-Sammlung besitzt. Die Maler-Dynastie hatte in der Früh-Renaissance enge Bindungen zum Dresdener Hof.

So etwas konnte auch in der Musik nicht schaden: Barock-Komponisten wie Antonio Vivaldi lebten meist von Fürsten-Gunst. Ein Phänomen, das womöglich wiederkehrt, wenn die deutsche Theaterlandschaft durch Sparmaßnahmen filettiert wird. Aber einstweilen gibt es noch Ereignisse wie das Barockfestival "Winter in Schwetzingen", das am Sonntag mit der wiederentdeckten Vivaldi-Oper "Bajazet" eröffnet wurde.

Der italienische Meister hatte für das Drama um den Mongolenfürsten Tamerlan den kompletten Arien-Schatz seiner Zeit geplündert und eine Art barocke Hitparade geliefert. Entsprechend bejubelt wurden die Schwetzinger Sängerleistungen.

Im Jubel baden durfte zeit ihres Künstlerlebens auch die Choreographin Pina Bausch. Eineinhalb Jahre nach ihrem Krebstod widmet Filmemacher Wim Wenders ("Buena Vista Social Club") der Wuppertaler Tanzlegende eine Dokumentation. 650 000 Euro hat die Filmstiftung NRW beigesteuert. Deshalb durfte sie nun bekanntgeben, dass der Film im Februar die Berlinale zieren soll.

Wer dort hinreist, kann den Besuch kulturell hochwertiger Filme vielleicht mit einer Visite in der Berliner In-Disco Tresor verbinden. Was dort so abgeht, hat die Pariser Star-Fotografin Ellen von Unwerth auf 33 großformatigen Bildern festgehalten, die unter dem Titel "Berlin bei Nacht" seit dieser Woche im Düsseldorfer NRW-Forum zu sehen sind. Geboten wird laut Kritiker-Urteil "kühl-herbe Erotik" mit "knapp bekleideten Frauen, denen sie anhimmelnde Männer als schmückendes Beiwerk zu Füßen liegen". Noch bis 13 Februar.

Das Thema Männer und Frauen kann man auch ganz anders angehen, zum Beispiel wie Regisseur Volker Lösch mit seiner Inszenierung "Lulu - die Nuttenrepublik" in der Berliner Schaubühne. Einen Großteil der Rollen in der neuen Version des Wedekind-Klassikers übernahmen 16 Laiendarstellerinnen, die ihre Brötchen sonst im Erotik-Gewerbe verdienen. Das männliche Geschlecht gebe dort, so die Kritik, "eine armselige, jämmerlich komische und zwei Mal auch nackte Figur ab". Die Damen hingegen skandieren am Schluss im Chor "Muschis aller Welt, vereinigt euch!".

Doch, das ist wahr, auch wenn es wie eine schräge Pointe aus einem Text von Tom Waits klingt. Der geniale amerikanische Sänger, Songschreiber, Komponist und Schauspieler wurde übrigens diese Woche für die Hall of Fame nominiert, die virtuelle Heimstatt der Helden des Rock'n' Roll im Amerika. Damit setzte er sich gegen Konkurrenten wie Bon Jovi oder die Beastie Boys durch. Den Olymp wird Waits in Begleitung von Schmuse-Barde Neil Diamond und Rock-Clown Alice Cooper betreten. Die Amerikaner sind halt ein liberales Volk - zumindest manchmal.

Dieter Lintz

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