Da springen die Zuhörer von ihren Stühlen

Trier · Originell und brillant: Das Gryphon-Trio begeistert das Publikum im Kurfürstlichen Palais Trier.

 Begeistern das Publikum in Trier: die Musiker des Gryphon-Klaviertrios mit Annalee Patipatanakoon, Violine, James Parker, Klavier, und Roman Borys, Cello. TV-Foto: Martin Möller

Begeistern das Publikum in Trier: die Musiker des Gryphon-Klaviertrios mit Annalee Patipatanakoon, Violine, James Parker, Klavier, und Roman Borys, Cello. TV-Foto: Martin Möller

Foto: Birgit Möller (mö) ("TV-Upload M?ller"


Trier (mö) Wie brillant, fast filmmusikreif anschaulich ist diese Komposition! Die Kanadierin Kelly-Marie Murphy (Jahrgang 1964) hat "Give Me Phoenix Wings to Fly" (Gib mir die Flügel des Phoenix, um zu fliegen) im Jahr 1997 für das gleichfalls kanadische Gryphon-Klaviertrio geschrieben. Sie hat dieser Komposition eine ungemein griffige, filmmusikreife Anschaulichkeit mitgegeben. Nichts an diesem Werk mit dem fast epischen Titel präsentiert sich kryptisch, verschlossen und so über-konstruktiv wie manches aus der deutschen Avantgarde.
Kelly-Marie Murphy erzählt mit ihrer dreisätzigen Komposition die alte Geschichte vom Phoenix aus der Asche neu. Sie gibt dem ersten Satz einen euphorischen Schwung mit, dem Mittelsatz schmerzliche Wehmut und feiert im Finale hell und wild die Auferstehung des jungen Phoenix. Die Botschaft ist eindeutig: Mögen die Individuen vergehen, die Gattung bleibt!
Das Gryphon-Trio setzte im Konzert der Landesstiftung Villa Musica in Trier seine ganze Energie, sein ganzes Engagement an dieses Werk. Die Musiker modellieren die Klang-Charaktere heraus. Die Musik spricht - ein eindeutiges Indiz für die hohe Kompetenz der Interpreten angesichts dieser komplexen Partitur.
Möchte Murphys Werk im Zentrum stehen, das übrige Programm sank keineswegs herab zur Nebensache. Bei den Gryphons entfaltet Beethovens Trio op. 1,3 eine fast aufrührerische Stimmung - eine Musik von bündiger Formulierungskraft und ganz nah am damaligen Sturm und Drang. Freilich hatte der Gesamtklang in der klavierlastigen Palais-Akustik eine gewisse Massivität, obwohl alle drei Interpreten, allen voran der Pianist, auf Feinheit und Filigran setzten.
Dieses Problem gab es bei Mendelssohns herrlichem c-Moll-Trio op. 66 nicht. Vom ersten Takt an hatte das Gryphon-Trio sowohl die Feinheiten als auch die großangelegte Klangentfaltung in diesem Werk fest im Visier. Es war die leidenschaftlich durchpulste Interpretation einer großen Musik. Die rund 80 Zuhörer sprangen von den Stühlen und beruhigten sich erst nach zwei Zugaben.

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