Heute begehe ich ein kleines Dienstjubiläum: Seit nunmehr acht Wochen darf ich an dieser Stelle meine Sicht der Dinge vor einem erlesenen Publikum wie Ihnen ausbreiten. Ich habe auch schon eine neue Visitenkarte: "M. Kernbach - freier Publizist" und demnächst auch einen Presseausweis, mit dem man für lau in Konzerte kann - cool! All diese für mich erfreulichen Veränderungen meiner Lebensumstände verdanke ich dem eher betrüblichen Umstand, dass Frank Laufenberg seine Tätigkeit als Kolumnist beendet hat. Das trifft mich doppelt, denn ohne Laufenberg kämen Sie kaum in den Genuss meiner wöchentlichen Ergüsse. Vielleicht hätte ich sogar etwas Vernünftiges gelernt ohne Laufenbergs Popshop! Damals, im Radio, als der SW noch ein F vor der 3 und wenigstens nach 18 Uhr ein innovatives Rundfunkformat im Angebot hatte. Zwischen RTL, Europawelle Saar und dem weißen Rauschen der senderfreien Restfrequenzen ragte der Popshopheraus wie eine Oase in der Wüste, wie ein Bote aus einer anderen, cooleren Welt! Bei Laufenberg habe ich die Sachen gelernt, die mich endgültig für eine Karriere als Promi-Anwalt oder Chefarzt versaut haben: Sex Pistols, The Clash und die ganze Musik, die nicht in der Bravo vorkam. Danke, Frank! Jetzt scheint es so, dass Laufenberg nicht unbedingt ein ausgewiesener Freund neuester Popentwicklungen ist - ein Umstand, der nur auf den ersten Blick erstaunt, weil der 1945 Geborene zur ersten Generation gehört, die so etwas wie eine Popkultur hatte. Da war Musik Zeichen der Lebenseinstellung, Mittel zum Tabu-Bruch, etwas, das einer ernsthaften Auseinandersetzung würdig und einer Kritik gewachsen war. Für die Ur-Ur-Enkel dieser First Generation ist Popmusik vor allem eines - Mucke! Passend gewählterSoundtrack zur jeweiligen Lebenssituation. Pop hat zur Zeit keine gesellschaftliche Relevanz. Der Popshop today heißt "Interaktiv" und läuft auf Viva; und ein Mädchen namens Milka (!) und findet das "das Shirt cool" oder "den Sänger echt süß!" Setzen Sie sich damit doch mal beruflich ernsthaft auseinander!