Konzert Das Atos-Trio spielt im Kurfürstlichen Palais Trier erst laut, dann eindringlich

Trier · Das Atos-Trio kann beim Kammerkonzert im Kurfürstlichen Palais nur in der zweiten Hälfte überzeugen.

 Anette von Hehn, Thomas Hoppe und Stefan Heinemeyer (von links) bringen als Atos-Trio Brahms ins kurfürstliche Palais. 

Anette von Hehn, Thomas Hoppe und Stefan Heinemeyer (von links) bringen als Atos-Trio Brahms ins kurfürstliche Palais. 

Foto: TV/Martin Möller

Die Anlaufzeit war nur kurz. Kaum hatte das Atos-Trio im C-Dur-Klaviertrio von Brahms (op. 87) das erste Dutzend Takte hinter sich, da stellte es ins Kurfürstliche Palais Trier ein Fortissimo, das den Festsaal bis zur letzten Reihe füllte. Es war ein fast gewaltiger, fast gewaltsamer Einstieg in das Programm mit drei Brahms-Klaviertrios.

Aber auch nach dem ersten Lautstärke-Höhepunkt ließen die Atos-Musiker (Annette von Hehn, Violine, Stefan Heinemeyer, Cello, und Thomas Hoppe, Klavier) nicht locker. Lyrische Passagen wirkten wie versehentliche Ausnahmefälle im Dauerforte, und das abschließende „Allegro giocoso“ klang nicht heiter, sondern angespannt und forciert und blieb wohl für viele der 180 Besucher einigermaßen anstrengend. Im Trio op. 101 trafen die Musiker zwar das c-Moll-Pathos der Musik. Aber im Palais-Festsaal und bei diesem Werk hatte der Ensembleklang etwas Undeutliches und Diffuses. Wie ein akustischer Grauschleier legte sich das über die feingliedrige Kompositionsarbeit, das Ineinandergreifen kleiner Motive, in dem sich schon die spätere Reihentechnik Schönbergs ahnen lässt.

Es gibt freilich gute Gründe, hinter den Fortissimokaskaden an diesem Abend mehr zu vermuten als den Willen zum Drauflosmusizieren. Die Atos-Musiker loten zielbewusst Spielräume aus und testen Grenzen. Sie belassen Brahms nicht im melancholischen Mittelmaß und spielen energisch an gegen den resignativen Tonfall konventioneller Interpretationen. Es war ein kraftvoller, ein vitaler Brahms. Trotzdem: Es blieben Defizite. Nicht nur die Lautstärke irritiert, sondern auch die Tendenz zum übergroßen Nachdruck, zu allzu breiten, statischen Akzenten. So phonstark die Interpretationen vor der Pause auch abliefen – Spannung und Stringenz blieben aus und mit ihnen die weit ausholende Entwicklung, die diese Musik so fesselnd macht. Die Interpreten bissen sich an Details fest und verloren die große Linie.

Vielleicht hatte es Rückmeldungen von den Besuchern gegeben. Nach der Pause jedenfalls wandelte sich der Stil der Atos-Musiker entschieden. Schon die ersten Takte im Trio Opus 8 ließen aufatmen – endlich einmal ein weit ausgreifender, lyrischer Gesang! Endlich echte Ruhepunkte! Das Atos-Trio gab diesem Werk, dessen revidierte Fassung die aufblühende Melodik des jungen Brahms mit der konzentrierten Tonsprache des Spätwerks verbindet, seine Vielschichtigkeit zurück. Sie breiten ein Klang- und Ausdrucksspektrum aus vom intimen Lied bis zur geballten Sinfonik. Es ist, vom ersten bis zum letzten Takt, eine große, weit ausholende Linie. Und wo diese innere Dynamik dieser Musik stimmt, da entwickeln sich Lautstärke-Höhepunkte ganz selbstverständlich aus dem Werk heraus. Sie klingen nicht mehr aufgesetzt und angestrengt, sondern frei und offen. Ein  ungemein reicher Brahms.

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