Kochbuch Mosel Was in Villen und Burgen in die Töpfe kam

Dass an der Mosel schon immer gut und gerne gegessen wurde, ist kein Geheimnis. In dem Buch „Genussgeschichten von der Mosel“ beschreibt Ingeborg Scholz eine kulinarische Reise durch zweieinhalb Jahrtausende . Sie schaut den Kelten genauso in den Topf wie einem frühneuzeitlichen Bürgermeister oder den Volksküchen im 20. Jahrhundert.

 genussgeschichten von der mosel

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Foto: Verlag Sutton

Das Äußere ist für den ersten Eindruck ein wichtiger Gradmesser. Das gilt beim Kennenlernen von neuen Bekanntschaften ähnlich wie bei einem Buch. „Die Genussgeschichten von der Mosel“ würde man nach ihrem Einband in die 50er Jahre einordnen. Zwei rosawangige junge Damen im Dirndl mit einem Glas Wein, das einem Römer ähnelt, vor Weinbergen an einer Biegung der Mosel und daneben zwei Flaschen Wein auf einem Mäuerchen sind dargestellt. Solche Motive waren früher auch in vielen Weinstuben der Mosel zu finden. Menschen, die sich gerne in der Moselblümchentradition finden, würden wahrscheinlich im Buchladen gleich danach greifen. Dabei hat das Buch deutlich mehr zu bieten als den Hinweis auf die Novelle „Moselfahrt aus Liebeskummer“, moseltypische Rezepte, wie das vom Tresterfleisch, das beim Schnapsbrennen im Kessel garte.

Es beginnt mit einem Blick in den keltischen Kochtopf. Bevor es aber ums Thema Essen geht, gibt es eine kurze geschichtliche Einordnung, die leicht verständlich ist. Archäologen, Botaniker und Zoologen haben erforscht, wie die Menschen damals lebten und kochten. In anschaulich abgesetzten Texten wird der Alltag einer Beispiel-Familie beschrieben, unter anderem der einer keltischen Hausfrau, die für ihre Familie Käse macht, einen sämigen Brei kocht, der mit Honig gesüßt wird, eine gedörrte Hammelkeule gart und Erbsen und Linsen einweicht. Am Abend gibt es Eintopf mit frischen Fladen. Den Göttinnen des Trevererlands danken sie zudem für die gute Ernte.

Auch regionaltypische Unterschiede zeigt das Buch auf, beispielsweise beim Getreide. Ein Einkaufszettel für ein Bürgermeisteressen in Trier aus dem Jahr 1597 ist ebenfalls spannend zu lesen.

Es werden nicht nur das Essen und der Genuss an sich gesehen, sondern diese sind in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext gesetzt. Die Architektur des Rokokoflügels des ehemaligen Schlosses in Trier ist, so die Autorin, nicht nur ein Ausdruck absolutistischen Herrschaftsanspruchs, sondern auch genussfreudiger Lebenseinstellung.

Sehr aufschlussreich sind neben dem Text auch die Fotos. Da gibt es Bilder aus der Küche der Burg Pyrmont, einem Getreidemaß, der Steipe, aus dem Mittelmoselmuseum in Traben-Trarbach oder Schwarz-Weiß-Fotografien aus Volksküchen aus dem 20 Jahrhundert, von Kochfortbildungen oder Tante-Emma Läden.

Auf seinen 120 Seiten werden in sechs Kapiteln die Epochen der Treverer, Römer, des Mittelalters, der frühen Neuzeit sowie dem 19. und 20. Jahrhundert beschrieben. Ein Ausblick rundet das Buch ab. Christina Bents

Ingeborg Scholz, Genussgeschichten von der Mosel Eine kulinarische Reise durch zweieinhalb Jahrtausende.  120 Seiten, Suttonverlag 2019, 19,99 Euro.

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