Das Goldt-Kehlchen

"Max Goldt liest aus QQ" lautete die Ankündigung der Tuchfabrik Trier. Das hat er getan - aber nicht ausschließlich. Auch neue Erzählungen gab der Autor vor 180 Zuschauern zum Besten.

 Max Goldt liest nicht nur, er signiert auch. TV-Foto: Anita Schack

Max Goldt liest nicht nur, er signiert auch. TV-Foto: Anita Schack

Trier. Goldt, Max: deutscher Schriftsteller und Musiker, talent- und humorfrei, langweilig, absolut überbewertet, das Papier nicht wert, auf dem seine Texte gedruckt sind, die Aufmerksamkeit nicht wert, die ihm seine Zuhörer - übrigens aus reinem Anstand - entgegen bringen.So könnte es stehen im "Lexikon der Irrtümer", jenes Nachschlagewerk, dem Max Goldt seinen Text "Oh doch!" gewidmet hat. Den Enzyklopädien über die größten Irrtümer über Katzen, Goldfische, Geschlechtskrankheiten - und eben auch Autoren. Jenen Werken, die die Menschen aufklären wollen über Dinge, die bisher immer richtig waren, "seit Anfang der 80er" (Goldt) aber nicht mehr richtig sind. "Oh doch!" entgegnet Goldt den Besserwissern, gibt zu, nur allzu gerne ein "Lexikon vom Irrtum der Irrtümer" schreiben zu wollen. Und das mit einer Stimme zum Dahinschmelzen. Geschaffen, um seine Werke voller Wortwitz nicht nur zu Papier zu bringen, sondern auch vor Publikum zu präsentieren. Goldt ist ein Besserwisser. Und gerade das macht ihn so sympathisch. Er gibt das Gefühl, genau zu wissen, worüber er schreibt (oder in diesem Fall spricht). Weil er eine gute Beobachtungsgabe hat, aber auch, weil er dazu gehört zum erlauchten Kreis der Menschen, die er persifliert. Da erzählt er vom Feiertags-Verhalten in beigen Microfaser-Jacken und drängt seinem Zuhörer förmlich die Frage auf, ob und wann das grau-mellierte Jackett, das er trägt, jemals in Mode war.Deshalb verzeiht man es Goldt, dass er das Publikum zwingt, über sich selbst zu lachen. Aber genau dafür liebt man ihn auch. Irgendwie fühlt sich jeder ertappt, unentwegt. Wie bequem wäre es, über platte Minderheitenwitze zu lachen. Doch das erlaubt Max Goldt seinem Publikum nur ganz selten, etwa in seinem Text über "Prekariat und Prokastrination". Das Prekariat wisse nämlich gar nicht, dass von ihm die Rede sei, weil sein Interesse an soziologischen Fachtermini nicht besonders ausgeprägt sei. Lacher. Es ist nicht das, was Goldt ausmacht. Das hätte Oliver Pocher genauso sagen können. Ein bisschen platter vielleicht, aber doch mit derselben Pointe. Goldt, Max: deutscher Schriftsteller und Musiker, dem nichts zu banal ist, als das er es nicht in seinen Texten verwenden würde. Mal so subtil, dass der Spott kaum zum Vorschein kommt. Mal so böse, dass man nicht mal peinlich berührt darüber hinwegsehen kann. Aber immer absolut treffsicher.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort