Das K geht klar

Luxemburg · Kraftklub sind die Band der Stunde: Im ausverkaufen Luxemburger Den Atelier haben die fünf Chemnitzer gezeigt, warum man sie auch als designierte Stadion-Massenbespaßer noch richtig mögen kann.

Luxemburg. Kann man sich bitte auf eine Stadt einigen? Auf einen Ort, den man für die nächsten vier Minuten als Heimat abnickt? Egal, wo man nun wirklich herkommt, hinwill, immer schon von wegwollte? Ein verdammter kleiner Kompromiss? Nein, diese eine Sache klappt nicht im ausverkauften "Den Atelier" in Luxemburg. Das muss Kraftklub-Sänger Felix Brummer feststellen, bevor er zur Melodie von Becks "Loser" seine Geburtsstadt besingt. "Ich komm\' aus Karl-Marx-Stadt, bin ein Verlierer, Baby - original Ostler." Trier wäre wohl die zu läppische Wahl gewesen. Als einzig wahre Karl-Marx-Stadt ever, die nie so hieß.
Bei Felix und den Kollegen aus seinem Mittzwanziger-Klub ist der DDR-Name allenfalls noch im Pass als Geburtsstadt verewigt. Seit Juni 1990 heißt Karl-Marx-Stadt wieder Chemnitz, damals hieß Twix noch Raider. Wenn Kraftklub dennoch immer wieder als Paradebeispiel für eine Ost-Band herhalten muss, kann das nur mit Mauern zu tun haben, die nicht vor einem Vierteljahrhundert unter die Spitzhacke genommen wurden.
Warum Kraftklub in vier Jahren Bandgeschichte so durchgestartet ist? Beide Alben ("Mit K" und "In Schwarz") schafften es auf Platz eins. Weil die Band eine Sprache und einen Stil gefunden hat, der in Chemnitz so gut funktioniert wie in Konz und in Hamburg so wie im Harz. Als Soundtrack für diejenigen, die geblieben sind ("Geh doch nach Berlin"). Und für diejenigen, die vielleicht nicht wissen, was sie wollen, aber zumindest sehr genau, was sie nicht wollen. "Ich war nie Anti-Alles, ich war immer Anti-Ihr", singt Felix Brummer in "Drei Schüsse in die Luft".
Dazu gibt\'s zackigen Indie-Rock, zarte Hip Hop- und ein paar Punkanleihen. Beim Ramones-Cover "Blitzkrieg Bop" hilft auch der Support Zugezogen Maskulin auf der Bühne aus. "Songs für Liam" ist zudem ein perfektes Beispiel, dass man auch auf Deutsch unpathetische Liebeslieder schreiben kann - das Stück geht in Hey Jude über. Eigentlich ist die Band für einen 1000-Zuschauer-Club wie das Atelier zu groß. Die gesamte Club-Tour war ruckzuck ausverkauft, eine durch größere Arenen folgt. So nah ran wie im Atelier kommt man Felix, Karl, Steffen, Max und Till daher kaum noch.
Im Zentrum steht ganz klar Frontmann Felix: Nicht nur, wenn er sich auf die Atelier-Empore schwingt und dann eine Rolle vorwärts ins Publikum macht. Eine Rampensau, ein Entertainer, bei dem aber nichts nach einstudierter Choreographie aussieht: Manchmal weiß er wohl selbst nicht so genau, was er zwischen den Stücken sagen soll.
Das macht aber gar nichts, das bringt ihm eher ein paar Sympathiepunkte ein. Beim 80-Minuten-Gig in Luxemburg gibt\'s keine Durchhänger. Das wird im nächsten Jahr auch bestens vor Zehntausenden bei den großen Festivals funktionieren: Kraftklub nimmt dem Begriff Stadionrock den Schrecken. AF
Extra

Festivals: Kraftklub kehren im Sommer nach Luxemburg zurück - Sänger Felix Brummer bestätigte während des Konzerts im Atelier, dass die Band wie 2013 beim Rock-a-Festival (26. - 28. Juni in Roeser) spielen wird. Kraftklub werden auch bei der Rock-am-Ring-Premiere in Mendig (5. - 7. Juni) auftreten. AF

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