Das Theater kriegt die Krise

Einmal im Jahr, wenn die Saison zu Ende geht, gehört das Theater Trier komplett den jungen, zeitgenössischen Stückeschreibern. Auch 2010 bringt das Festival "Maximierung Mensch" hochkarätige Gastspiele, spannende Eigenproduktionen - und ein echtes rheinland-pfälzisches Theater-Spitzentreffen.

 Aktueller Renner an vielen Bühnen: Elfriede Jelineks „Kontrakte des Kaufmanns“ kommen aus Göttingen nach Trier. Foto: Theater

Aktueller Renner an vielen Bühnen: Elfriede Jelineks „Kontrakte des Kaufmanns“ kommen aus Göttingen nach Trier. Foto: Theater

Trier. "Auch Goethe war mal ein zeitgenössischer Autor" - mit diesem Slogan erinnert ein Berliner Theater daran, dass selbst die größten Klassiker mal junge Wilde waren, die es ohne neugieriges, risikobereites Publikum nie zu Weltruhm gebracht hätten. Dass Ulf Schmidt irgendwann ein Goethe wird, wäre eine sehr wagemutige Prognose. Aber ein genau beobachtender Gegenwartsautor ist er allemal. Das zeigt schon ein kleiner Blick in die Proben in der alten "Schlicker"-Industriehalle am Ehranger Hafen.

In seinem Stück "Sich Gesellschaft leisten" seziert er eine Welt, in der aus Partnerbeziehungen längst Zweckbündnisse zur wechselseitigen Vorteilsgewinnung geworden sind. "Das ist der Realität näher, als man denkt", sagt Intendant Gerhard Weber, der gemeinsam mit Judith Kriebel Regie führt. Das Stück wird auf fünf Levels eines Computerspiels ausgetragen, und seine Uraufführung markiert am 8. Juni den Start des Festivals. Das Theater setzt einen Shuttlebus ein.

"Maximierung Mensch 3" bleibt hart am Thema Krise. Am 9. Juni gastiert das Deutsche Theater Göttingen mit Elfriede Jelineks neuem Erfolgsstück "Die Kontrakte des Kaufmanns", einer bitterkomischen Parabel auf die aktuellen Bankenskandale. Anschließend beschäftigt sich eine hochkarätig besetzte Intendantenrunde mit dem Stand der zeitgenössischen Dramatik. Tags darauf kommt das Theater Heidelberg mit Nils-Momme Stockmanns preisgekröntem Szenendrama "Der Mann, der die Welt aß", über einen Verlierer in einer Welt der Turbo-Gewinner.

Am Donnerstag, 10. Juni, steigt die erste "Lange Theaternacht der Rheinland-Pfälzischen Bühnen" mit Ausschnitten aktueller Produktionen aus Mainz, Koblenz und Kaiserslautern. "So etwas wie ein Stückemarkt" schwebt Festivalorganisator Peter Oppermann vor. Dass die großen Häuser im Lande enger zusammenrücken, zeigt auch das Gastspiel eines "Klassenzimmerstücks" aus Kaiserslautern, das am 10. Juni um 11 und 16 Uhr im Studio für Schüler aufgeführt wird. Die Tage rund um den Festival-Kern werden genutzt, um die aktuellsten Stücke des Trierer Hauses zu präsentieren, darunter neben "Auf der Greifswalder Straße" (7. Juni, Studio) und "Kaspar Häuser Meer" (11. Juni, 22 Uhr, Studio) auch noch einmal die Erfolgsproduktion "Rendezvous nach Kassenschluss" in der Volksbank am Viehmarkt (11. Juni, 20 Uhr).

Der Samstag, 12. Juni, gehört einer wissenschaftlichen Konferenz der Uni Trier, die ganztägig im Foyer das Thema "Die Finanzkrise und das zeitgenössische Theater" erörtert.

www.theater-trier.de

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