Der Augenblick der Hiebe

PRÜM. Josef Zierden schmeißt hin. Der Initiator und Organisator des Eifel-Literatur-Festivals ist nach einem heftigen Disput mit der Kreisverwaltung Bitburg-Prüm nicht mehr bereit, die stets hochkarätig besetzte Autoren-Reihe ein weiteres Mal aufzulegen. Auslöser für diese Entscheidung ist die Diskussion um Saalmieten.

Wenn Martin Walser am 12. November in Bitburg über den "Augenblick der Liebe" philosophiert und Nobelpreisträger Imre Kertész eine Woche später in Trier seinen "Roman eines Schicksallosen" zugeschlagen hat, schließt nicht nur das Eifel-Literatur-Festival 2004. An diesem Abend zieht auch Festival-Chef Josef Zierden einen Schlussstrich unter ein markantes Kapitel, das ihn seit zehn Jahren begleitete. Nach einem Streit mit der Kreisverwaltung Bitburg-Prüm, die ihm für die Lesung mit Gabriele Wohmann im Schloss Weilerbach eine Miete von 222 Euro berechnete, sah Zierden Mitte der Woche nicht nur den Augenblick der Hiebe, sondern traf auch die schicksalhafte Entscheidung, dem Festival adieu zu sagen.Nicht der "Packesel" des Kreises

Wegen der ständigen finanziellen Mehrbelastung seines ehrenamtlichen Engagements sei er nicht mehr bereit, den "Packesel" für das kulturelle Schaffen im Kreis Bitburg-Prüm zu geben. "Wenn das Festival des Kreises behandelt wird wie ein beliebiger kommerzieller Raumnutzer, dann fehlt es halt an elementarer Wertschätzung", schimpft Zierden. Er sei nun jedenfalls an dem Punkt, an dem es nicht mehr weitergehe. Während er den Gemeinden kulturelle Events verschaffe, würde er gleichzeitig dafür bestraft, hadert Zierden und spricht in monetärer Hinsicht von einem "dauernden Balance-Akt". Die Weilerbach-Rechnung sieht er derweil nur als "auslösendes Moment". "Es geht nicht nur um Geld, sondern um eine Geste dem Festival gegenüber." Nachdem er bereits 2003 aus eigener Tasche ein Defizit von 2000 Euro habe begleichen müssen, sehe er nun bei den noch geplanten Lesungen weitere Kosten auf sich zukommen, fürchtet der Organisator. Darin erkenne er "die fatale Tendenz, dass auch der öffentliche Partner die Rechnungsmentalität für sich entdeckt hat". Der Erste Kreisbeigeordnete Michael Billen (CDU) weist die Vorwürfe zurück. Die Verpflichtung, Gebühren zu erheben, gelte auch für andere Veranstaltungsorte. Zudem sei die Miete niedrig und es gebe einen Beschluss des Kreisausschusses. "Allerdings bin ich der Meinung, dass auch im Hinblick auf das mir bekannte Gesamtsponsoring des Eifel-Literatur-Festivals die monierte Miete keine entscheidende Größe darstellt."Vorwürfe machen betroffen

Gleichzeitig lobt Billen den Veranstaltungszyklus, obwohl die von Zierden erhobenen Vorwürfe gegen den Kreis betroffen machten. "Kein Beschäftigter des Landkreises hatte jemals die Absicht, das Festival mit einer überzogenen Miete zu schädigen oder ihm durch eine Begrenzung der Raumkapazität Einnahmemöglichkeiten zu entziehen. Deswegen halte ich gerade diese Vorwürfe für vollkommen überzogen." Hauptsponsor des Eifel-Literatur-Festivals ist die Kreissparkasse Bitburg-Prüm, die aus ihrer Kulturstiftung in diesem Jahr 25 000 Euro beigesteuert hat. Nach den Worten von Josef Zierden lassen sich Hochkaräter wie Martin Walser oder Maximilian Schell "nicht aus der Portokasse" bezahlen. 80 Prozent des Budgets müssten für Honorare hinhalten. Hinzu kämen, Reisekosten, Unterkunft und Verpflegung. Zierden: "Das geht immer knapp auf Null." Die Verbitterung Zierdens entlädt sich derweil in der Sorge um einen weiteren finanziellen Aderlass: "Würde ich in ähnlicher Weise die Arbeit von mir und meiner Familie in Rechnung stellen, wäre das Eifel-Literatur-Festival gar nicht mehr finanzierbar." Seine Familie und er wollten sich nicht mehr ein Jahr lang in jeder Hinsicht einschränken, "um in unserem ehrenamtlichen Engagement von immer mehr Händen abkassiert zu werden - inzwischen auch von der öffentlichen Hand auf Orts-, Verbands- und Kreisebene, die sich offiziell als ,Partner‘ des Festivals bezeichnen lassen". Kommentar SEITE 2

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