Der Geschichtenerzähler aus Berlin

Prüm · Wenn Horst Evers im Mai beim Eifel-Literatur-Festival auftritt, sind Gäste gut beraten, Taschentücher zum Auffangen von Lachtränen bereitzuhalten. Der Berliner Kabarettist versteht es, aus kleinen alltäglichen Begebenheiten fantastische und urkomische Geschichten zu kreieren. Kritiker verorten ihn irgendwo zwischen Ernst Jandl, Mr. Bean und Hanns Dieter Hüsch.

Prüm. Horst Evers hat schon vieles ausprobiert in seinem nunmehr 49 Jahre währenden Leben. 1987 ging er nach Berlin, um erst Publizistik und dann Deutsch und Sozialkunde auf Lehramt zu studieren. Einen Abschluss erwarb er aber nie, betätigte sich stattdessen als Nachhilfelehrer, Tresenkraft, Meinungsforscher, Taxifahrer und zuletzt als Eilzusteller bei der Post. Seine Erfahrungen dabei gaben einem Talent Nahrung, das sich zeitgleich entfaltete und ihm heute Erfolg und Auskommen sichert: das Schreiben und Vortragen von Geschichten. Eifel-Literatur-Festival 2016

Bereits 1988 trat er an der Freien Universität Berlin erstmals öffentlich mit eigenen Texten auf. Es waren Anekdoten oder Liedzeilen, in denen er Beobachtungen und kleine absurde Begebenheiten aus dem Alltag humorvoll auf den Punkt brachte. Bald danach schuf er sich in einem besetzten Haus mit Freunden eine eigene Vorlesebühne, "Dr. Seltsams Frühschoppen", die unter dem Namen "Frühschoppen" in Berlin Mitte noch heute existiert. Außerdem gründete er ein Medium mit, in dem er seine Geschichten veröffentlichen konnte. Es ist die ebenfalls noch heute bestehende Berliner Literaturzeitschrift Salbader, benannt nach dem Begriff für einen "seichten, frömmelnden Schwätzer, der meist vortragsartige Monologe mit vorgetäuschtem Fachwissen hält" (Wikipedia). Dort gab sich der als Gerd Winter aufgewachsene Autor das Pseudonym Horst Evers, das sich aus den Bestandteilen des Ortsnamens Evershorst nahe seiner Geburtsstadt Diepholz zusammensetzt. Es brachte ihm Glück: Neun angesehene Auszeichnungen, darunter den Prix Pantheon, den Deutschen Kleinkunstpreis und den Deutschen Kabarettpreis heimste er bislang ein, für Programme wie "Die Welt ist nicht immer Freitag" oder Bücher wie "Für Eile fehlt mir die Zeit". Im Kern seines Schaffens als Solokünstler und Mitglied in verschiedenen Kabarett- und Musiktheatergruppen steht seine Wahlheimat Berlin. Die dortige Verwaltungsreform von 2001 inspirierte ihn beispielsweise zu einem Liederzyklus über die Berliner Bezirke. Und sein neuestes Buch "Alles außer irdisch" beginnt mit der Eröffnung des Berliner Großflughafens.Rezensenten loben seine tänzerische Sprache, seinen leichtfüßigen Humor und seine rhetorische Raffinesse. Das Geschichtenentwerfen mache ihm Freude, sagte Evers einmal in einem Interview, bekannte aber auch: "Das tatsächliche Schreiben empfinde ich als sehr harte, mühsame Tätigkeit." Gefragt nach seiner speziellen Kreativtechnik gab er zum Besten: "Einen Abgabetermin ausmachen, diesen um ein gerüttelt Maß überziehen und dann auf großen persönlichen Druck hin eben irgendwas schreiben." Dieses "Irgendwas" hat ihm immerhin aus dem berufenen Munde eines Literaturnobelpreisträgers Lob eingebracht - und das kam so: Auf der Frankfurter Buchmesse war Evers als Auflockerer zwischen Lesungen berühmter Literaten engagiert. In einer Kunstpause holte er sich einen Kaffee, fand aber bei der Rückkehr zu seinem Stuhl Günter Grass darauf sitzend vor. Weil er ihn schlecht verscheuchen konnte, bot er ihm aus Verlegenheit den Kaffee an. Grass nahm ihn und orderte gleich noch mehr für seinen ganzen Begleiterstab. Später ließ er Evers ausrichten, er sei froh, dass dieser auch schreibe, als Kellner sei er nun wahrlich nicht besonders gut. Wer sich auf Evers Humor einstimmen will, kann die Anekdote auf seiner Homepage <%LINK auto="true" href="http://www.horst-evers.de" text="www.horst-evers.de" class="more"%> unter dem Titel "Ich und Günter Grass" nachlesen.Am Mittwoch, 11. Mai, liest Horst Evers um 20 Uhr beim Eifel-Literatur-Festival in der Aula der ehemaligen Hauptschule in Prüm aus "Alles außer irdisch".Extra

"Alles außer irdisch" ist ein humorvoller Science-Fiction-Roman. Darin wagt Horst Evers einen Blick in die Zukunft Berlins. Dort wird endlich der Großflughafen BER eröffnet. Der liebenswerte Loser Goiko ist mit dabei, denn einmal in seinem Leben hat er das große Los gezogen und ein Ticket für den Jungfernflug gewonnen. Doch die Maschine hebt gar nicht erst ab. Der Absturz eines riesigen Raumschiffs auf die Startbahnen beendet Jungfernflug und Flughafeneröffnung schon nach wenigen Minuten. Bald wird Goiko zusammen mit einer Fahrradkurierin und einem russischen Zeitreiseforscher in eine abenteuerliche Geschichte verwickelt. Sie dreht sich um hochentwickelte außerirdische Zivilisationen, die andere Welten einfach online erobern und um eine Reise zum interplanetaren Verbrauchergerichtshof. Mit einem fantastischen Szenarium öffnet Evers den Blick auf die Absurditäten unserer Welt. Er erzählt ironisch, teils philosophisch und sehr unterhaltsam. ae Horst Evers, "Alles außer irdisch", Rowohlt, 368 Seiten, 19,95 Euro. Extra

20 Autoren lesen beim Eifel-Literatur-Festival in diesem Jahr, die ersten 14 Veranstaltungen gibt es von April bis Juli. Der TV stellt die Autoren und ihre Werke in den nächsten Wochen vor (in unserer Gesamtübersicht ist der Name des jeweiligen Autors blau gefettet). A bedeutet ausverkauft. Nele Neuhaus, Freitag, 15. April, 20 Uhr, Stadthalle Bitburg (A) Pater Anselm Grün, "Was der Seele gut tut", Donnerstag, 21. April, 20 Uhr, Aula der ehemaligen Hauptschule in Prüm (A) Dora Heldt, Freitag, 29. April, 20 Uhr, Forum, Daun Felicitas Hoppe, Dienstag, 3. Mai, 20 Uhr, Haus Beda, Bitburg Horst Evers, "Alles außer irdisch", Mittwoch, 11. Mai, 20 Uhr, Aula, Hauptschule Prüm Jan Weiler, "Im Reich der Pubertiere", Freitag, 13. Mai, 20 Uhr, Stadthalle Bitburg Leslie Malton, "Brief an meine Schwester", Freitag, 20. Mai, 20 Uhr, Aula, Hauptschule Prüm Giulia Enders, "Darm mit Charme", Samstag, 21. Mai, 20 Uhr, Stadthalle Bitburg Anne Weber, Dienstag, 24. Mai, 20 Uhr, Haus Beda, Bitburg Manfred Lütz, Donnerstag, 2. Juni, 20 Uhr, Aula der ehemaligen Hauptschule Prüm Ulla Hahn, "Spiel der Zeit", Freitag, 3. Juni, 20 Uhr, Haus Beda, Bitburg (A) Kirsten Boie, Freitag, 3. Juni, 10.30 Uhr, Aula St. Matthias-Gymnasium Gerolstein (A) Friedrich Christian Delius, Freitag, 24. Juni, 20 Uhr, Haus Beda, Bitburg Max Moor, "Als Max noch Dieter war", Freitag, 8. Juli, 20 Uhr, Cusanus-Gymnasium, Wittlich Literaturherbst: Bereits ausverkauft sind die Veranstaltungen mit Sebastian Fitzek (29. Oktober) und Anselm Grün (6. Oktober). Karten für alle Veranstaltungen gibt es im TV-Service-Center Trier, unter 0651/7199-996 sowie im Internet auf <%LINK auto="true" href="http://www.volksfreund.de/tickets" text="www.volksfreund.de/tickets" class="more"%> cweb

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