Der Gesellschaft den Puls fühlen

Trier · Das zeitgenössische Schauspiel hat es in Trier nicht einfach - das Theaterpublikum lässt sich nur begrenzt für junge, vor Ort weniger bekannte Autoren gewinnen. Doch demnächst gibt\'s die große Dröhnung: 18 Aufführungen aktuelles Theater innerhalb von einer Woche. Das Festival "Maximierung Mensch" macht es möglich.

 Krisenstimmung: Im Bürgertheaterprojekt „Stadt in Aufruhr“ geht es um Triers (düstere) Zukunft. Foto: Marco Piecuch

Krisenstimmung: Im Bürgertheaterprojekt „Stadt in Aufruhr“ geht es um Triers (düstere) Zukunft. Foto: Marco Piecuch

Trier. Was hat das Theater von heute zu den aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen zu sagen? Das Theater Trier macht sich auf Spurensuche, zum vierten Mal seit 2008. Noch nie war das Programm so breit gestreut, noch nie so viele Partner mit an Bord - von der Luxemburger Künstlergruppe Maskenada über Tufa und Stadtmuseum bis zu den Trierer Hochschulen.
Es gibt zwei aufwendige Eigenproduktionen, zehn spektakuläre Gastspiele und eine Reihe von Rahmenveranstaltungen. Und das geballt an sieben Tagen, vom 17. bis 23. Juni. Im Mittelpunkt: Die Ökonomisierung aller gesellschaftlichen Bereiche - und die Folgen für die Menschen.
Gespielt wird nicht nur im Theater, sondern auch in der Tufa, an der Hochschule (HS) Trier, im Stadtmuseum und in der Luxemburger Banannefabrik. Dort findet auch am 18. Juni die Eröffnungspremiere statt, mit Elfriede Jelineks "Aber sicher!". Judith Kriebel setzt das Wirtschaftsstück der Literaturnobelpreisträgerin mit dem Trierer Ensemble in Szene - im Studio ist die Produktion erstmals am 21. Juni zu sehen.
Karl Marx, Occupy und das Strategiepapier "Trier 2025" liefern die Zutaten zu einem Bürgertheaterprojekt in der Tufa. "Stadt in Aufruhr" ist eine provokative Szenenfolge an verschiedenen Stellen der Stadt, die eine mögliche Zukunft Triers in Krisenzeiten durchspielen - und zwar nicht sehr optimistisch, wie Regisseur Roman Schmitz versichert. Mit von der Partie sind Tri er Bürger - ähnlich wie beim erfolgreichen soziokulturellen Projekt "Tafel-Theater" vor zwei Jahren. Premiere ist am 19. Juni.
Am 23. Juni schlägt die Stunde für Theater-Ausdauersportler. Beim "Theaterspektakel Rheinland-Pfalz/Saarland" sind vier Stücke an einem Tag zu sehen. Sie kommen aus Mainz ("Machthaber" von Kathrin Röggla), Kaiserslautern ("Schafinsel" von Lasker-Schüler-Preisträgerin Nina Büttner), Koblenz ("So lange es ein Ziel gibt" von Roman Senkl) und Saarbrücken ("Faustkampf" nach Goethe).
Aus ganz Deutschland hat Festival-Chef Peter Oppermann angesagte Produktionen eingeladen. Fast legendär ist der Ruf, der "Foxi, Jussuf, Edeltraut" vorauseilt, ein monströses, mehr als drei Stunden dauerndes Ein-Personen-Drama, und ein grandioser Alleingang für den Kölner Schauspieler Markus John (18. Juni, Theaterfoyer).
Das Theater Dortmund schickt "Die Agonie und die Ekstase des Steve Jobs", noch ein Monolog, von Autor Mike Dasey über die Welt der Computer-Nerds (19., 20. Juni, HS Trier). Jean-Paul Maes kommt vom Luxemburger Nationaltheater mit seiner "Lippizanernummer" (20. Juni, Großes Haus). Die Sophiensäle Berlin stellen "Meine gottverlassene Aufdringlichkeit" von Christoph Nussbaumeder vor, das Stück zur Generation Praktikum (21./22. Juni). Dazu gibt es zwei Jugendstücke: "Bilge Nathan" aus Koblenz, und Wolfgang Herrndorfs "Tschick" vom Staatstheater Wiesbaden (21. Juni, Tufa).
Den Bogen zum Musiktheater schlägt das Livefeature "Auf die Barrikaden mit den Waffen der Poesie", das Richard Wagner mit Karl Marx konfrontiert. Peter Larsen setzt den Mix aus Texten und Musik in Szene.
Für das wissenschaftliche Highlight sorgt Literatur-Professorin Franziska Schößler, Wegbegleiterin des Festivals seit seiner Gründung. Sie hat für den 19. Juni renommierte Wissenschaftler und Publizisten zu einer Tagung über das Thema "Revolution im zeitgenössischen Theater" eingeladen. Wobei, darauf legt Schößler Wert, mit Revolution keineswegs die Demontage des Theater-Angebots gemeint ist. Im Gegenteil: "Wer dieses Stadttheater beschädigt, beschädigt auch die Uni", so ihr Statement zur aktuellen Diskussion.
Gut gefüllte Ränge beim Festival wären da ein wichtiges Signal. An den Eintrittspreisen könne es nicht liegen, versichert Peter Oppermann und verweist auf großzügige Festival-Rabatte - ermöglicht vor allem durch Zuschüsse des Landes, das mit über 100 000 Euro Fördermitteln dabei ist.
Alle Daten und viele Detailinformationen gibt es in der heutigen Theaterbeilage im TV oder auf der Homepage
www.maximierung-mensch.de

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