"Der Glaube ist meine Privat-Sache"

BERLIN. Jean Reno ist Hollywoods Vorzeigefranzose, obwohl er als Sohn andalusischer Franco-Flüchtlinge in Casablanca geboren wurde und tatsächlich Don Juan Moreno y Jederique Jimenez heißt. In "The Da Vinci Code – Sakrileg" verkörpert er den eifrigen und etwas undurchsichtigen Polizisten Fache. Gestern abend eröffnete der Film die internationalen Filmfestspiele in Cannes.

Monsieur Reno, Ihr Kommissar Fache bezeichnet die Pyramide des Louvre als Warze auf dem Angesicht von Paris. Wie gefällt Ihnen das Bauwerk persönlich?Reno: Mir gefällt sie und diese Dialogzeile hat mich überrascht. Die Pyramide ist eine Sache, die Mitterand in die Wege geleitet hat und die ich zu schätzen weiß. Welche persönliche Meinung haben Sie über die Thesen des "Da Vinci Codes"? Reno: Ich habe das Buch vor längerer Zeit gelesen. Was darin geschrieben steht, ist weit entfernt von dem, was ich glaube. Ich habe eine bestimmte Beziehung zu Gott und zur Kirche. Aber der Glaube ist etwas sehr Intimes, ich möchte nicht darüber sprechen. Warum sollte man auch über den Glauben eines Schauspielers reden, wenn es doch um einen Film geht? Ich bin ein Nichts. Haben Kunstwerke einen Einfluss auf das Handeln der Menschen? Reno: Die Stones haben mal einen Song geschrieben, der heißt "Street Fighting Man". Die Hells Angels, die als Ordner eingesetzt waren, haben auf einem ihrer Konzerte einen Mann getötet. Gibt es daher einen generellen Zusammenhang zwischen dem Lied und der Gewalt auf der Straße? Ich glaube nicht. Vielleicht lässt sich ein Einzelner zur Gewalt hinreißen. Vielleicht irre ich mich, aber es fällt mir schwer zu glauben, dass ein einzelner Mensch, der ein Buch schreibt oder ein Lied macht, damit das Gesicht der Welt verändern kann. Glauben Sie, dass es eine Auswirkung auf die heutige Gesellschaft hätte, wenn man eine sexuelle Beziehung Jesu nachweisen könnte? Reno: Auf mich hätte es keine. Was die Gesellschaft betrifft, so bin ich nicht aussagekräftig, aber die Menschen sind nicht dumm. Gott ist kein physisches Wesen. Brauchen wir den Beweis einer Körperlichkeit Jesus, um zu glauben? Was würde das an der Hoffnung und der Liebe ändern? Und warum soll eine Frau wichtiger sein als ein Mann oder umgekehrt? Das ist ein Problem der Gesellschaft, kein Problem des Da Vinci-Codes. Wenn erst ein Buch solche Fragen aufwerfen muss, dann ist das ein Zeichen, dass in der Gesellschaft dringender Gesprächsbedarf besteht. Ist es schwer für Sie, im Film französische Klischees wie Steve Martins übertriebene Darstellung des Inspektors Clouseau zu ertragen? Reno: Nein. Man braucht immer Menschen in seiner Umgebung, die sich über einen lustig machen, das hilft einem. Außerdem karikiert man nur, was für einen von Interesse ist. Und überdies haben die Franzosen es verdient. Ha! Wie vermeiden Sie es, in Ihren amerikanischen Rollen zur französischen Karikatur zu werden?Reno: Nehmen Sie einen Film wie "Der Rosarote Panther". Man hat Jacques Clouseau und Kevin Kline an seiner Seite. Geht es da wirklich um einen Franzosen? Ponton ist stolz darauf, Polizist zu sein und er ist ein bisschen durchgedreht. Also stellt man sich ein wenig dumm. Das ist nichts typisch Französisches. Ich wurde in Casablanca geboren, meine Eltern stammen aus Südspanien. Ich bin Franzose, lebe in New York und in Paris. Mein Nachbar ist ein englischer Maler, auf der anderen Seite wohnt Herr Blumke aus Hamburg. Da hält man nicht die Fahne des Nationalismus hoch. Wie kann ich in Frieden leben, wenn ich glaube, mehr als ein kleiner - und ich meine kleiner - Schauspieler zu sein? S Gespräch führte unser Mitarbeiter André Wesche

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