Der künftige Trierer Theaterintendant Karl Sibelius im Volksfreund-Interview

Trier · Er reiste zur letzten Runde gar nicht mehr an, so klar schien die Entscheidung: Karl Sibelius, 44, hatte am Ende den kompletten Stadtrat auf seiner Seite. Im Volksfreund-Interview erklärt der künftige Trierer Theaterintendant Karl Sibelius seine Pläne.

 Will zügig in seine Trierer Aufgaben einsteigen: der künftige Intendant Karl M. Sibelius. TV-Foto: Friedemann Vetter

Will zügig in seine Trierer Aufgaben einsteigen: der künftige Intendant Karl M. Sibelius. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Einstimmig folgte man im Stadtrat in nichtöffentlicher Sitzung dem Votum der Findungskommission, die ihn aus 73 Bewerbern vorgeschlagen hatte. Der Schauspieler, Sänger, Regisseur und studierte Theatermanager aus Bregenz, der gestern Abend noch eine spektakuläre Opern-Uraufführung in Eggenfelden herausbrachte, tritt sein Amt im Sommer 2015 an. Dieter Lintz hat ihn zu seinen Plänen gefragt.

Von Runde zu Runde ist beim Auswahlverfahren die Zustimmung zu Ihrer Person gewachsen. Am Ende war\'s einstimmig. Trier und Sibelius - ist das Liebe auf den ersten Blick?
Sibelius: Ich bin bei einstimmig ja immer ein bisschen skeptisch. Aber hier passt das gut zu meinem Eindruck, dass die Verantwortlichen quer durch alle Parteien und Gremien dieses Theater wirklich wollen, und das ist eine tolle Vor aussetzung für meine Arbeit.

Die Übergangsphase bei Intendanten ist immer etwas kompliziert. Sie fangen offiziell im Sommer 2015 an, aber da muss die folgende Spielzeit ja schon geplant sein. Parallel läuft Ihr Theater an der Rott ja mit vollem Programm weiter. Wie soll das gehen?
Sibelius: Eigentlich ist heute schon mein erster Arbeitstag für Trier. Das wird in nächster Zeit viel Fahrerei, aber der Spielplan 14/15 in Eggenfelden steht ja, und ich werde versuchen, möglichst oft an der Mosel zu sein. Ich will mir die Situation in Ruhe anschauen, im Haus rumspazieren, die Leute gründlich kennenlernen. Und die Frage der künftigen Rechtsform wird eine wichtige Rolle spielen, denn das kann nicht ewig warten.

Manche Intendanten machen, wenn sie ein Haus übernehmen, personell Tabula rasa, bringen ihre eigenen Leute mit. Wie wird das bei Ihnen?
Sibelius: Ich habe einen Riesenrespekt vor den Leistungen dieses Hauses. Doch ich komme nicht, um alles so weiterzumachen, wie es bisher war. Kunst ist Veränderung. Und das ist ja offenbar auch gewollt, sonst hätte man die Stelle nicht so ausschreiben müssen. Aber die Mitarbeiter sind auch das Herz eines Theaters, und ich will so viele wie möglich behalten, nicht weil ich muss, sondern weil wir sie brauchen. Ich möchte auch, dass es den Künstlern gutgeht, denn nur dann geht es dem Theater gut. Ich werde mir jetzt ganz viele Vorstellungen ansehen, mir einen Eindruck verschaffen - und dann werden wir sehen. Keine Panik: Ich bin ein Ensemble-Tier, ich will keine Sparte auflösen. Aber ich muss auch den Mut haben, neue Wege zu denken. Da wird es sicher auch Veränderungen beim künstlerischen Personal geben.

Wir Trierer haben immer das Gefühl, wir hätten hier ein sehr kleines, bescheidenes Theater mit winzigem Budget. Sie kommen aus einem Haus mit einem Zehntel des Etats und einem Zehntel des Personals. Haben Sie keine Angst, dass der Apparat Sie auffrisst?
Sibelius: Ich bin ziemlich angstfrei. Der Münchener Intendant Peter Jonas hat mal gesagt: Wir müssen der Kunst dienen, nicht der Verwaltung. Ich sehe das Theater nicht als Apparat mit endlosen Regularien, sondern als eine Art Familienbetrieb, für den sich alle engagieren. Anders ginge das beispielsweise in unserem Theater an der Rott nicht, wo wir trotz eines kleinen Teams 150 Vorstellungen im Jahr fahren ...

... unter anderem, weil der Intendant höchstpersönlich mitspielt und inszeniert. Werden wir das in Trier auch erleben?
Sibelius: Ich muss mich um das Haus kümmern, also werde ich mich nicht als Regisseur selbst verwirklichen. Als Darsteller, na ja, vielleicht mache ich da eine kleine Sache, um mich dem Publikum vorzustellen.

Sie werden sich ja schon sehr schnell mit der Sanierung oder gar dem Neubau des maroden Hauses beschäftigen müssen. Haben Sie sich schon mal das Baugesetzbuch als Lektüre auf den Nachttisch gelegt?
Sibelius: Das brauche ich zum Glück nicht, weil ich einem Gremium angehöre, das sich gerade mit dem Neubau des Theaters Luzern befasst. Und aus Linz, wo ich lange im Ensemble war, bringe ich Erfahrungen mit einem großen Theater-Neubau mit. Das ist ein ganz wichtiges Thema, denn die bauliche und architektonische Gestaltung eines Theaters hat sehr viel mit seiner Wirkung nach außen zu tun.

Sie sind für Provokationen gut. Wie provokant muss/darf Theater sein?
Sibelius: Das ist von Stadt zu Stadt verschieden. Aber Theater muss immer auch Diskussionen hervorrufen. Wenn ich von Politikern höre: Da muss jetzt Ruhe hineinkommen, dann bin ich nicht der Richtige für diese Aufgabe. Ich bringe die Dinge schon mal gerne auf den Punkt. DiL

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