Der leise Vorgänger des modernen Klaviers

Schweich/Föhren · Nicht immer sah das Klavier so aus, wie wir es heute kennen. "Clavier" oder auch "Clavichord" heißt sein Vorgänger - ein Tasteninstrument, das wie ein Tisch gebaut ist. Auch heute interessieren sich noch viele Menschen für Clavichords. In Schweich trifft sich am Wochenende der Chavichord-Verein. Dann kann man die Instrumente sehen, hören und selbst ausprobieren.

 Heiko Hansjosten hat eine Taste aus einem Clavichord genommen und zeigt das Stäbchen, das die Saite anschlägt. TV-Foto: Anke Emmerling

Heiko Hansjosten hat eine Taste aus einem Clavichord genommen und zeigt das Stäbchen, das die Saite anschlägt. TV-Foto: Anke Emmerling

Schweich/Föhren. Heiko Hansjosten aus Schweich ist Fachmann für Clavichorde und zweiter Präsident eines Vereins, der "Deutsche Clavichord Societät" heißt.
Zusammen mit seinem Bruder sammelt er Musikinstrumente mit Tasten. Sie besitzen schon über 50 Stück, die 100 bis 280 Jahre alt sind, darunter Orgeln und viele Klaviere. Ein Teil steht in ihren Wohnhäusern. Heiko Hansjosten hat deshalb nicht viele Möbel.
Das Clavichord wurde schon vor über 600 Jahren gespielt, als es noch Ritter gab. Besonders beliebt war es zur Zeit Wolfgang Amadeus Mozarts, der darauf die Oper "Die Zauberflöte" komponiert hat. Damals war das Clavichord ein Hausinstrument wie das Klavier heute. Es war einfach gebaut und nicht teuer. Als flache, eckige Holzkiste auf Beinen sieht es aus wie ein Tisch. Es ist so leicht, dass man es überall hintragen kann. Auch kann nichts daran kaputt gehen, weil die Mechanik einfach ist. Wenn der Deckel aufgeklappt ist, sieht man hinter den Tasten Eisen- und Messingsaiten. Es sind weniger als bei modernen Klavieren. Sie sind auch nicht so stark gespannt. Man kann sie ohne Hilfe selbst stimmen. Oft sind die Tasten schwarz. Dafür hat Heiko Hansjosten eine Erklärung: "Bei den Töchtern aus feinen Familien, die Clavichord lernen mussten, galt helle Haut als schön. Und auf schwarzen Tasten wirken Hände einfach weißer".
Wird eine Taste gedrückt, schlägt ein daran angebrachtes Stäbchen, die "Tangente" von unten gegen die Saite. Ihr längerer Teil schwingt nun und gibt den Ton, solange die Taste gedrückt bleibt. Ein Clavichord-Spieler muss sehr aufmerksam sein, um seinen Wunsch-Klang zu bekommen. Drückt er schwach, ist der Ton leise. Zittert er mit den Fingern, zittert auch der Ton. Das haben die Musiker früher gezielt für schönen und feinen Ausdruck genutzt.
Dennoch kam das Clavichord um 1800 plötzlich aus der Mode. Es war einfach zu leise. Inzwischen gab es mit dem Hammerklavier ein neues, viel lauteres Instrument.
Heute interessieren sich wieder viele Leute für das echte Clavichord. Heiko Hansjosten kam darauf, weil er alte Musik auf alten Instrumenten ausprobieren wollte. Das möchten andere Musiker auch. Und dann gibt es Instrumentenbauer, die es spannend finden, so etwas nachzubauen. Sie alle kümmern sich im Verein "Deutsche Clavichord Societät" darum, dass das Clavichord nicht vergessen wird. Zweimal im Jahr veranstalten sie ein Treffen, die Clavichord-Tage. Zum 20. Geburtstag des Vereins ist es in Schweich. Dort werden viele Instrumente zu sehen und zu hören sein. Man darf sie auch ausprobieren.
Extra

Donnerstag, 25. April, 19 Uhr: Konzert mit Anne Galowich (Clavichord) Freitag, 26.4., 15.30 bis 17.30 Uhr: Workshop mit Suzana Mendes "Frühe Iberische Claviermusik". 18.30 Uhr: Konzert Sally Fortino, unveröffentlichte Claviermusik des 18. Jahrhunderts Samstag, 27. April, ab 10 Uhr: Besichtigung der Sammlung Hansjosten, Schweich und Föhren. 16 Uhr: "Des Kaisers neue Clavirmusik" Gesprächskonzert mit Nicole Schwindt und Alfred Gross. 18 Uhr: Konzert mit Instrumenten der Sammlung Hansjosten, Gerald Hambitzer (Clavichord und Tafelklavier) Sonntag, 28. April, 9 Uhr: Workshop mit Martin Kather: "Stimmung und Pflege von Clavichorden". 11.30 Uhr: Abschlusskonzert mit Suzana Mendes, Vorführung der ausgestellten Clavichorde. Für einige Programmpunkte ist eine Anmeldung erforderlich. Details zum Programm und weitere Informationen unter www.clavichord.info. ae

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