Der Mann vom Bau am Mikrofon

Trier · Er gehört zu den ungewöhnlichsten und spannendsten Musikern der Trierer Rock- und Blues-Szene: Steff Beckers Stimme prägte unterschiedliche Bands wie Superbox, Filofax und Baugroup. Seit 30 Jahren steht er auf der Bühne - das Jubiläum feiert er mit vielen musikalischen Freunden.

 Steff Becker live in der vergangenen Woche im Trierer Brunnenhof. TV-Foto: Friedemann Vetter

Steff Becker live in der vergangenen Woche im Trierer Brunnenhof. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Eine typische Musikerkarriere kann man das nicht gerade nennen: Gelernter Schreiner und Gas-Wasser-Installateur. Nie Gesangunterricht gehabt. Als Songschreiber ein lupenreiner Autodidakt. Da wird man normalerweise eher Roadie als Bandleader.
Aber bei Steff Becker gab es das Exhaus. Ende der Siebziger Jahre war das Trierer Jugendzentrum die erste Adresse, wenn es um Musik jenseits von Klassik und Schlager ging. Schauplatz der legendären Folkfestivals. Spiel-Raum für ungezählte Bands.
Eine davon hieß Superbox, gegründet vom legendären Walter Felz. Becker war damals Fels in der Brandung im Tor des gefürchteten Exhaus-Fußballteams, und in langen Folkfest-Nächten machte er Lagerfeuer-Musik mit einem Kollegen aus dem Mittelfeld namens Helmut Leiendecker. Beckers schräge Stimme gefiel Felz, und so fand sich der 20-Jährige 1981 am Mikrofon der Band "Superbox" wieder.
Nie auf ein Genre festgelegt


Felz\' konsequente Art zu musizieren ("Er war einer der wenigen mit eigenem Stil") war prägend für den Youngster. Superbox war bald mehr als ein Geheimtipp, es gab reichlich Auftritte und Preise und dazu die Chance, im Vorprogramm mancher Rock-Größe zu spielen. Was Steff Becker nicht davon abhielt, musikalisch fremdzugehen, wenn ihm danach war. Und auch außerhalb der Musik trieb er sich künstlerisch herum: Seine Plastiken wurden in der Tufa ausgestellt, er produzierte Kunst am Bau, aber auch Wand- und Deckenmalerei.
"Ich wollte mich nie irgendwo reinpressen lassen", sagt der Sänger, und man glaubt ihm auf den ersten Blick, dass er es ernst meint. Becker, der Typ, ist genau so kantig wie seine Stimme, die über viele Farben und Nuancen verfügt, aber nie glatt klingt. Vielleicht ist die Weigerung, nach Schema F zu arbeiten, auch der Grund, warum es trotz enormem Talents nie für die Karriere bei einer großen Plattenfirma reichte.
Auch dann nicht, als Becker ab dem Jahr 2000 mit seiner Formation Baugroup neue musikalische Maßstäbe setzte - nicht nur, weil er ein Album der Band auf dem Dach des Trierer Eros-Centers vorstellte. Baugroup, das war moderner, hochprofessioneller Blues-Rock, und musikalisch das reifste, was die Region in den vergangenen Jahrzehnten zu bieten hatte. Mit einem Sänger, der sich auf der Höhe eines Roger Chapman oder Chris Farlowe bewegte. Freilich nicht der ideale Stoff für Altstadtfeste, kein gefälliger Cover-Sound zum Mitsingen.
Überregional gab es durchaus Zuspruch, regional blieb das Potenzial zumindest teilweise unentdeckt - auch in der örtlichen Medienszene. Mancher, der heute die Baugroup-CD "better watch out" hört, könnte sich rückblickend in den Hintern beißen, dass er nicht mehr für diese Combo getrommelt hat.
2006 machte sich Steff Becker wieder mal auf die Suche nach neuen Perspektiven - und landete, typisch für sein breites Spektrum, bei ganz unterschiedlichen Formationen. Mit Christoph Haupers ist er akustisch unterwegs, mit der Steff Becker Group wandelt er auf Baugroup-Pfaden, und mit der Bigband Art of Music hat er ein ganz neues Betätigungsfeld gefunden. "Hätte ich vor zehn Jahren nicht gedacht, dass mir so was mal Spaß macht", sagt er und grinst.
Kein Wunder, dass der heute 50-Jährige, der inzwischen als Fachanleiter an der Trierer Gesamtschule arbeitet, sein Bühnenjubiläum mit etlichen musikalischen Freunden feiern wird. In Orenhofen, wo er seit Jahren mit seiner Frau lebt, hat er an einem Programm für insgesamt vier Abende gebastelt. Den Auftakt macht ein großes Benefiz-Konzert am kommenden Samstag - natürlich da, wo alles angefangen hat: im Exhaus. Das erste Jubiläumskonzert mit Steff Becker startet am 20. August um 18 Uhr auf der Exhaus-Sommerbühne. Dabei sind Bands wie Timeless, Feinripp, das Becker-Haupers-Ensemble, die Big Band Art of Music, Tenor Thomas Kiessling und Sängerin Shirley Winter. Ein Teil des Erlöses kommt der Jugendarbeit des Exhauses und dem Palais e. V. zugute. Tickets: TV-Servicecenter Trier, Wittlich, Bitburg und an der Abendkasse. Infos: Hotline 0651/9911083, Exhaus-Kulturbüro. DiL

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