Porträt Josefine Wittenbecher: Der Mensch und seine Widersprüche

Wittlich · Ein Porträt über die Wittlicher Schriftstellerin Josefine Wittenbecher anlässlich ihres 80. Geburtstags - ein Beitrag aus dem Jahr 2019.

 Liebt nicht nur die eigenen Bücher: Schriftstellerin Josefine Wittenbecher. 

Liebt nicht nur die eigenen Bücher: Schriftstellerin Josefine Wittenbecher. 

Foto: TV/Eva-Maria Reuther

„Ich habe alle Geschichten erzählt, die ich erzählen wollte“, sagt sie. Allein das bedeutet Glück. Überhaupt wirkt Josefine Wittenbecher wie jemand, der mit sich im Reinen ist. Nicht auf eine kindlich naive, gar wunschlos glückliche Art, sondern wie jemand, in dessen Leben Erwartung und Ertrag im rechten Verhältnis stehen.

„Klar sehen und doch hoffen“, die Lebensregel des Theologen und Bürgerrechtlers Friedrich Schorlemmer, scheint auch der Wittlicher Schriftstellerin eigen. Mit Gelassenheit und unverkennbarer Zufriedenheit erzählt die ehemalige, engagierte Grundschullehrerin von ihrem ersten Leben als Pädagogin und jenem gleichsam zweiten, in dem sie ihren Traum verwirklichte, literarisch zu arbeiten.

Eigentlich war es mehr als ein Traum. Für die 1939 in Osann geborene Autorin war es ein existentielles Bedürfnis. „Ich wollte schon immer schreiben“, erinnert sie sich. Aber erst im Ruhestand war Zeit dazu. Hart erkämpft war von Anfang an alles für die junge Frau aus einem dörflichen Haushalt – der Besuch des Gymnasiums, das Abitur, das Studium an der Pädagogischen Hochschule. Und selbst ihre unübertroffenen ersten Erzählungen wie „De Grußvadder“, die sozusagen zweisprachig in moselfränkischem Dialekt und in Hochdeutsch erschienen, sorgten zunächst im heimatlichen Dorf für Irritationen.

Klarsichtig, aber mit großer Empathie berichtet sie in den intimen Miniaturen über die Enge der Dorfgemeinschaft. Die Enge hat die weltoffene Schriftstellerin, die gern reist und sich neben ihrer Leidenschaft für Literatur, auch für Bildende Kunst, Musik und Theater interessiert, längst hinter sich gelassen. In der Region ist sie mit ihren Büchern dennoch geblieben. Neben ihren Erzählungen, Gedichten und einer Mundartbibel wagte sie sich an größere vielschichtige Szenarien.

Vier sehr sorgfältig recherchierte historische Romane hat Josefine Wittenbecher im Laufe der Jahre veröffentlicht, von denen drei in und um Trier angesiedelt sind. Ihre Bücher „Feuer am Fluss – der Fall Eva Zeihen “ und „Tödliche Feuer – Der Fall Dietrich Flade“ berichten von zwei Schicksalen zur Zeit der Hexenprozesse im Trierer Land. In „Adelheid von Besselich“ erinnert sie an eine selbstbewusste Trierer Bürgerin des 15. Jahrhunderts, die emanzipiert war, lange bevor es den Begriff gab.

„Geschichte und historische Zusammenhänge haben mich schon immer interessiert“, erklärt Wittenbecher. Mehr noch ging es ihr allerdings um die Menschen. Wie in ihren kleinen Erzählungen schafft sie auch in der großen Form fein ausgeleuchtete Menschenbilder, in denen sie Licht und Schatten sichtbar macht. „Mir ging es immer um Tiefe“, sagt die Schriftstellerin. Ich wollte zeigen, was im Innern von Menschen vorgeht, das Widersprüchliche, das in jedem komplexen Menschenleben ist.“ Das ist ihr fraglos gelungen. Was ihre gut besuchten Leseabende und nicht zuletzt ihre Aufnahme in die Anthologie „Das Moseltal“ des Luxemburger Autors Joseph Groben belegen. „Ich freue mich, wenn ich meine Bücher sehe“, sagt Wittenbecher.

Ihre literarische Arbeit hat sie inzwischen beendet. In ihrem quasi zweiten Ruhestand will sie sich ihrer Familie und ihren privaten Aktivitäten widmen. Das Richtige zur rechten Zeit zu wagen und zu beenden, auch das gehört wohl zu Josefine Wittenbechers Stärken. „Ich empfinde mein Leben als sehr reich“, so ihr Resumee. Am heutigen Montag wird die Schriftstellerin 80 Jahre alt.

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