Mey und Sittmann Der Mörder ist immer der Gärtner

Wittlich · Ein musikalischer Familienabend in der Synagoge: Andreas Sittmann begeistert in Wittlich mit Liedern von Reinhard Mey.

 Andreas Sittmann hat gut gelaunt und mit Humor schnell eine positive Verbindung zum Publikum aufgebaut.

Andreas Sittmann hat gut gelaunt und mit Humor schnell eine positive Verbindung zum Publikum aufgebaut.

Foto: Christina Bents

Der Abend in der Synagoge hat dem Wittlicher Publikum sehr gut gefallen. Es hat gesungen, gepfiffen und aufmerksam zugehört, als der Liedermacher Andreas Sittmann die Stücke seines Kollegen Reinhard Mey sang. Eingestiegen ist Sittmann mit „Ich wollte wie Orpheus singen“, das Mey 1964 aufgenommen hat. Es war sein erstes Chanson und er sang es auf Burg Waldeck im Hunsrück, wo er auch Hannes Wader kennenlernte. Ähnlich wie Reinhard Mey braucht Andreas Sittmann auf der Bühne lediglich einen Hocker, ein Mikrofon und einen Notenständer, um eine entspannte Atmosphäre zu erzeugen und sich in die Herzen der über 80 Besucher zu singen.

Mit kleinen Anekdoten leitet er durch sein Programm. Er berichtet von seinen Erfahrungen auf Klassentreffen, bevor er das Stück „Vom achtel Lorbeerblatt“ singt, und von einem viel wichtigeren, nämlich dem mit Reinhard Mey selbst. In Frankreich hat Sittmann einige Zeit gelebt, und Reinhard Mey, der in Frankreich unter Frédérik Mey aufgetreten ist, war drei Wochen lang jeden Abend mit seinem Programm in der Pariser Music-Hall Bobino. Für einen dieser Abende hatte Sittmann Karten. Nach dem Auftritt ging er in die Garderobe des Künstlers, der ihm seine Platte unterschrieb mit „Für mich“, weil Andreas Sittmann auf die Frage, für wen das Autogramm sein solle, „Na, für mich“ geantwortet hatte. Schließlich hat er aber ein neues Plattencover mit der richtigen Signatur „Für Andreas“ bekommen.

Dieses Plattencover hatte Sittmann sogar auf der Bühne dabei, angelehnt an einen Koffer, der dort als Dekoration stand. Viel mehr als nur eine Zierde war Sittmanns musikalische Begleitung Isabell Krohn an der Geige.

Mit ihren zarten Geigenstrichen untermalte sie die Stimmung und ergänzte sich hervorragend mit dem Gitarrenspiel von Andreas Sittmann. Beide gaben sich Raum, unterstützen sich und harmonierten. Das Repertoire erstreckte sich von Liedern über Tiere, „Manchmal wünschte ich, ich wäre mein Hund“, von denen Mey einige veröffentlicht hat, über Geschichten aus dem Alltag wie „Ich liebe meine Küche“ bis hin zu Nachdenklichem: „So viele Sommer“, bei denen einige im Publikum ihr Taschentuch zückten, um eine Träne abzuwischen. Gesellschafts- und zeitkritische Lieder von Mey, die er hauptsächlich ab den 90er Jahren schrieb, kamen im Programm nur punktuell vor.

Andreas Sittmann sang „Meine Söhne kriegst du nicht“, aber weitere Lieder aus diesem Schaffensbereichs Meys kamen nicht vor. Dafür aber die Widrigkeiten des Alltags, mit „Ein Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars“ und Liebesliedern, beispielsweise „Herbstgewitter über Dächern“.

Zwei Stücke des Abends waren nicht von Reinhard Mey, sondern von Andreas Sittmann selbst. Es geht dabei um das Gefühl des Frischverliebtseins, um die Schmetterlinge im Bauch und die Frage: „Herz ´mein Herz, warum so fröhlich“, dass er so verträumt und emotional singt, dass man ihm tatsächlich glaubt, das er gerade frisch verliebt ist. Ein weiteres Stück mit dem Titel „Liebesbrief“ beschäftigt sich, wie der Titel schon andeutet, mit demselben Thema.

Bei den bekannten Liedern von Reinhard Mey, unter anderem „Der Mörder ist immer der Gärtner“, „Über den Wolken“, das natürlich bei einem Reinhard-Mey-Abend nicht fehlen darf, und dem Schlusslied „Gute Nacht Freunde“, haben die Wittlicher Besucher viel Textsicherheit bewiesen, und mitgesungen.

Der Reinhard-Mey-Abend hat ein wenig an einen Familienabend erinnert, bei dem man gemeinsam lacht, weint, an dem Geschichten erzählt werden und man vieles hört, von dem man sagt: „Das habe ich auch erlebt“. Dem Sänger und seiner Begleitung an der Geigewurde mit stehenden Ovationen gehuldigt.

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