Der quicklebendige David

Trier · An den Ausgaben sparen, aber nicht an der Qualität und Vielfalt: Dieses Kunststück versucht Generalmusikdirektor Victor Puhl mit den städtischen Philharmonikern in der kommenden Saison. Die in den vergangenen Jahren entwickelte Grundstruktur bleibt.

Trier. Eigentlich müsste Victor Puhl vor Angst schlotternd durch die Gegend laufen. Da ist auf der einen Seite sein aufrechtes Häuflein von nicht einmal 50 Musikern, die im angejahrten Saal des Trierer Theaters von Oper bis Kammermusik, von Barock bis Beatles, vom Neujahrsstrauß für Senioren bis zum Handyton-Konzert für Kids alles spielen, was sich einem Instrument entlocken lässt. Und da ist auf der anderen Seite die gigantische Luxemburger Philharmonie, die die größten Klangkörper der Welt im Dutzend mit den exquisitesten Programmen antreten lässt, jede noch so kleine musikalische Nische besetzt, über einen millionenschweren Werbeetat verfügt und das Trierer Publikum per Bus quasi bis zum bequemen Konzertsessel in der stimmungsvollen Halle transportiert.
Junge Talente statt teure Solisten


Eine Konstellation Marke David gegen Goliath. Oder das kleine gallische Dorf von Asterix und Obelix gegen die Römer. Vielleicht ist es da von Vorteil, dass der Trierer Orchesterchef Gallier ist - na ja, zumindest Franzose. Puhl hat sich von Anfang an die gute Laune und den Optimismus nicht nehmen lassen und gegen den Luxemburger Overkill seine eigenen Akzente gesetzt: solide Sinfoniekonzerte mit einem Programmmix, der Banalitäten ebenso meidet wie allzu große Provokationen. Eine fantasievolle, inzwischen sehr gut verkaufte Reihe mit genre-übergreifenden Weltmusik-Konzerten. Eine sensationell frequentierte Reihe "Klassik um elf" am Sonntagvormittag in der Promotionsaula, bei der die Trierer Orchestermusiker als Solisten glänzen. Und diverse Familienangebote.
Ergebnis: Der Laden läuft. "Vielleicht sorgt die Philharmonie sogar dafür, dass das Interesse an Klassik insgesamt wächst", mutmaßt der 47-Jährige. Und baut sein Programm in der kommenden Saison noch um zwei "Klassik um elf"-Konzerte aus.
Von den akuten Sparzwängen am Trierer Theater ist er freilich nicht verschont geblieben. Einen Teil der Sinfoniekonzerte spielt er kostengünstig mit der Hausbesetzung, ohne Verstärkung. Bei den Gastsolisten haben junge Talente den Vorrang vor arrivierten, aber teureren Künstlern. "Aber mir war wichtig", sagt Puhl, "dass die Vielfalt bleibt."
Man hat sich auch nach möglichen Sponsoren umgesehen, vom Deutschen Musikrat bis zur italienischen Botschaft. "Es hat auch was Gutes, wenn man gezwungen ist, nach solchen Optionen Ausschau zu halten", erklärt Musikdramaturg Peter Larsen - ungewöhnliche, aber vernünftige Klänge in der aktuellen Diskussion um die Theaterlandschaft.
Einige Bonbons gibt es trotzdem: das Wagner-Galakonzert zum 200. Geburtstag, die CD-Produktion im Arsenal Metz, die deutsche Erstaufführung eines Stücks des Trierers Christian Jost.
Die Märchenoper "Hänsel und Gretel" soll als szenisches Konzert Herzstück des Kinder- und Family-Programms werden.Extra

Sinfoniekonzerte 13. September: Delius, Berg, Tschaikowsky. Solistin: Zhi-Jong Wang, Dirigent: Victor Puhl. 18. Oktober: Copland, Mozart, Martinu, Schubert. Solist: Thomas Hecker, Dirigent: Christian Lorenz. 22. November: Dvorak, Brahms. Solist: Peter Bruns; Dirigent: Victor Puhl. 31. Januar: Jost, Bruckner. Dirigent: Victor Puhl. 7. März: Mendelssohn-Bartholdy, Beethoven. Solistin: Patricia Pagny; Dirigent: N.N. 11. April: Verdi, Sperger, Giamusso, Mozart. Dirigent: Michelangelo Galeati. 16. Mai: Ravel, Rachmaninov, Roussel. Solist: Andrew van Oeyen; Dirigent: Victor Puhl. 27. Juni 2013: Wagner-Geburtstagsgala. Weltmusik 9. November: Spiel mir das Lied vom Western. 15. Februar: Sinfonic Salsa - mit den Klazz Brothers. 13. Juni 2013: Takashi & Penta Blue Band mit asiatischem Ethno-Crossover. Klassik um elf 28. Oktober: Rosetti, Bach, Mozart. 16. Dezember: Mozart, Bach, Kraus. 13. Januar: Mozart, Hoffmeister, Bach. 3. März: Händel, Pergolesi, Haydn. 28. April: Scarlatti, Vivaldi, Händel. Familyclassics Humperdinck, Hänsel und Gretel. 2., 9., 15., 30. Dezember. Laverny: Der Elefantenpups. 17. März.

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