Der Schöngeist der Computer-Ära

Cupertino/USA · Er war nicht nur ein Erfinder und einer der erfolgreichsten Unternehmer der Welt: Der am Mittwoch verstorbene Apple-Chef Steve Jobs war ein Visionär, der die Schönheit in der Technik fand und der Welt beibrachte, Computer nicht nur mit dem pragmatischen Blick des Nutzers zu sehen.

Ein Computer: Maus, Tastatur, Monitor, Gehäuse. Ein Handy: Minibildschirm und Minitasten. Steve Jobs war mit Sicherheit nicht der einzige Industriemagnat der Computer Ära, der aus diesen simplen Arbeitsinstrumenten Objekte der Begierde machen wollte. Aber niemand war darin erfolgreicher als er - ein Zusammenwirken hervorragender Hardware mit einem Design weit weg vom öden Rechenknecht und einem ebenso cleveren wie selbstbewussten Marketing, das Leidenschaft und Lifestyle predigte.
"Das Apple-Design hat sich weit über die Elektronikbranche hinaus etabliert", sagt Ina Grätz, die zurzeit im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe unter dem Titel "Stylectrical" eine Ausstellung über die Arbeit von Apple-Chefdesigner Jonathan Ive kuratiert. "Kein anderer Hersteller setzt das Prinzip Einfachheit so konsequent ein wie Apple, kein anderes Unternehmen hat mit dem schlichten puristischen Design so viel Erfolg wie Apple."
Schlicht und puristisch, aber gleichzeitig schick und edel: So machte Jobs den iPod (2001), das iPhone (2007) und das iPad (2010) zu Kultgeräten, deren unbestreitbare Leistungsfähigkeit oft als entscheidender Kaufgrund hinter den In-Faktor zurücktritt. Ihre Bedienung ist außerdem so einfach und offensichtlich, dass auch Laien keine Gebrauchsanweisung brauchen.
So wurde der iPod schnell zum Marktführer und der 2003 gestartete Onlineshop iTunes zum weltweit größten Medienverkäufer im Internet. Das iPhone prägte mit seinem berührungsempfindlichen Bildschirm den Handy-Markt und schuf ein völlig neues Kundenverhalten in der mobilen Kommunikation: Ebenso wie mit iTunes schuf Apple mit dem AppStore ein riesiges Angebot installierbarer Software, deren Kombination das Gerät zu einer Art Schweizer Taschenmesser macht, das alles an Bord hat - von der Spielekonsole und Surfmaschine über die mobile Datenbank bis zum Lesegerät elektronischer Bücher. Das Telefonieren tritt dabei regelrecht in den Hintergrund. Das iPad schließlich startete den Markt der Tablet-PCs. Drei Kultobjekte innerhalb von nicht einmal zehn Jahren - das hat kein anderer Guru der Technik-Ara geschafft.
Blumen vor den Filialen


Die Nachricht vom Tod des Computerpioniers, der nach langer Krankheit im Alter von 56 Jahren an Krebs gestorben ist, ließ am Donnerstag alle Rivalitäten in der sonst so hart umkämpften Branche verstummen. Ob Google, Sony, Samsung oder Microsoft - sie alle äußerten ihre Trauer. In vielen Städten der Welt versammelten sich Apple-Fans vor den Filialen des kalifornischen Unternehmens und legten dort Blumen nieder.
Jobs war der zentrale Visionär, aber der enorme Erfolg von Apple war nicht allein sein Werk. Und deshalb waren sich Analysten schon nach seinem Rücktritt als Vorstandsvorsitzender Ende August sicher, dass Apple ohne Jobs nicht nur weiterbestehen, sondern in den nächsten Jahren sogar noch wachsen wird. Zu den wichtigen Managern gehört der Designer Jonathan Ive, ein 44-jähriger Londoner, der schon Ende der 90er den iMac in transparente Kunststoffgehäuse steckte, während der Rest der Welt noch an tristem Grau festhielt. Dazu kommen Marketing-Chef Philipp Schiller und Scott Forstall, der die Software der iPhones betreut, und der neue Apple-Chef Tim Cook. Als er Jobs 2009 krankheitsbedingt vertrat, stieg der Aktienkurs von Apple um 62 Prozent. Im vergangenen Quartal verkaufte Apple ebenfalls unter Cook 9,25 Millionen iPads und 20,3 Millionen iPhones.
Auf seinen Präsentationen wurde Jobs selbst zum Kunst- und Kultobjekt. Seine Präsentationen des iPod, iPhone und iPad im schwarzen Rollkragenpullover waren Medienereignisse mit weltweiter Priorität.

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