Der sensible Spanier lädt ein zum Gruseltrip durch Barcelona

Trier · Carlos Ruiz Zafón ist einer der erfolgreichsten Literaten der Gegenwart, der weltweit ein Millionenpublikum begeistert. In seinem Frühwerk "Marina" geht der Spanier ungewohnt hart zur Sache.

Trier. Mit seinem Roman "Der Schatten des Windes" wurde Carlos Ruiz Zafón 2001 zum strahlenden Stern unter Europas Schreibern. Die meisterhafte Verbindung von Drama und Tragik sowie von realen und mystischen Komponenten macht Zafóns Prosa zum Erlebnis, das auch in der großartigen deutschen Übersetzung von Peter Schwaar erhalten bleibt.
"Marina" ist eines von Zafóns älteren Werken, das aufgrund seines großen Erfolges im April auch den deutschen Markt erreicht hat.
Hier geht Zafón wesentlich ungestümer zur Sache als in "Der Schatten des Windes". Er skizziert seine Geburtsstadt Barcelona als mystischen Ort, in dem jede Gasse, jeder Stein von Magie singt. Aus mit der für Zafón typischen enormen Sensibilität skizzierten Freundschaft des Waisenjungen Oscar und der Künstlertochter Marina entwickelt sich eine Schauermär im Achterbahntempo.
Oscar und Marina werden von einer dämonischen Nemesis, hinter der sich ein furchtbares Schicksal verbirgt, verfolgt und gehetzt. In der ersten Hälfte von "Marina" verzaubert Zafón den Leser mit seinen liebenswerten und dreidimensionalen Charakteren, danach wird das Buch zum Gruseltrip mit dunklen Gassen, Katakomben, Friedhöfen und lebenden Leichen.
Als er "Marina" schrieb, war Zafón zur erzählerischen Brillanz von "Der Schatten des Windes" noch nicht fähig. Doch es ist für Fans des Spaniers ein schönes Erlebnis, zu sehen, wie bereits dieses frühe Werk klare erste Anzeichen der späteren Meisterschaft des Autors zeigt. Und auch wer bisher noch keinen Zafón gelesen hat, wird mit dieser fein gesponnenen Gruselgeschichte ausgezeichnet unterhalten. jp
Carlos Ruiz Zafón: Marina: 352 Seiten, Verlag S. Fischer, ISBN-10 9783100954015

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