Der Vater des schwedischen A-Teams

Trier · Was macht ein Schriftsteller mit hohem Anspruch und wenig Lust zum Schreiben? Er gibt sich ein Pseudonym, verfasst Krimis und wird zum Bestsellerautor. So ist es Jan Arnald ergangen, besser bekannt als Arne Dahl. In Trier hat er sein Werk "Opferzahl" vorgestellt.

"Ich fühlte, dass ich als Autor neu geboren werden musste - also erfand ich einfach einen zweiten Schriftsteller." Der das sagt, heißt Jan Arnald - und sein zweites Ich ist längst bekannter als er selbst. Unter dem Pseudonym Arne Dahl ist der heute 48-Jährige zu einem der populärsten schwedischen Krimiautoren avanciert.

Hommage an Altmeister



Zehn Romane umfasst seine Reihe um das A-Team mit den Ermittlern Paul Hjelm und Kerstin Holm - genauso viele wie die Altmeister des Genres, Maj Sjöwall und Per Wahlöö geschrieben haben. "Die beiden sind als Autoren für mich wie ein Vater und eine Mutter", bekennt Dahl. "Ich habe ihre Bücher gelesen als ich 15 war, in einer Zeit also, die für einen Jugendlichen prägend ist." So sei die Zahl zehn durchaus als Hommage zu verstehen.

Später allerdings hat sich Jan Arnald lange nicht mehr mit Krimis beschäftigt und nur für - wie er sagt - "ernsthafte" Literatur interessiert.

Erst als er seine ersten Bücher veröffentlicht und seine Doktorarbeit vollendet hatte, kam in ihm der Wunsch auf, etwas anderes zu machen: "Was ich schrieb, war ziemlich egozentrisch, hatte wenig mit der Gesellschaft zu tun."

Also Krimis. Nicht nur die sozialen Beziehungen zwischen den Ermittlern des A-Teams nutzt Arnald, um gesellschaftliche Verhältnisse zu beschreiben. "Auch Verbrechen sagen viel über eine Gesellschaft aus, sie geben ein Spiegelbild." In "Opferzahl" - bereits vor fünf Jahren in Schweden erschienen, aber das jüngste Buch in deutscher Übersetzung - geht es um einen islamistischen Terroranschlag auf die Stockholmer U-Bahn, lose orientiert am Attentat in London.

Obwohl oder gerade weil Schweden sich kaum bedroht fühlte, fragte sich Dahl: "Was würde passieren, wenn so etwas in Schweden geschähe?"

Eines unterscheidet Dahl grundlegend von seinen Vorbildern Sjöwall und Wahlöö: "Sie hatten alle Antworten, ich habe nur Fragen."

Mosaik aus Haftnotizen



Bei seiner Lesung in der Buchhandlung Mayersche Interbook in Trier, las zunächst Arne Dahl eine Seite des schwedischen Originals vor, anschließend Moderatorin Renate Steffens ein Kapitel auf Deutsch. Aufschlussreich war vor allem die anschließende Diskussion, bei der Dahl einen Einblick in seine Arbeitsweise gab: Die Planung beginnt mit einem Mosaik aus gelben Haftnotizen auf dem Fußboden und nimmt rund fünf Monate in Anspruch. Die "Phase der Transpiration" nennt es der Autor, "bevor dann mit dem Schreiben die Phase der Inspiration beginnt." Mit seiner lockeren und humorvollen Art überzeugte Dahl die Besucher. "Ich finde es super zu wissen, wer hinter diesen Büchern steckt", meint beispielsweise Stephanie Klein aus Saarburg.

Ganz hat sich der Schriftsteller übrigens nicht an die Vorgabe von zehn Büchern gehalten. "Am Ende des zehnten Buches bekam ich Panik", gibt Dahl zu. Also folgte ein elfter, stilistisch allerdings ganz anderer. "Daran haben Jan Arnald und Arne Dahl gemeinsam gearbeitet", sagt der "doppelte" Autor. Und noch ein Vorhaben hat er nicht umgesetzt: "Ich habe immer versucht, einen Ermittler sterben zu lassen - aber ich habe es nicht fertiggebracht."

EXTRA

DER AUTOR



Arne Dahl heißt mit bürgerlichem Namen Jan Arnald und ist Autor, Kritiker und Literaturwissenschaftler. Er ist bereits zweimal (2005 und 2006) mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet worden. In Deutschland ist in diesem Jahr der neunte Band seiner Reihe unter dem Titel "Opferzahl" im Piper-Verlag erschienen. Die fünf ersten Bücher werden derzeit unter Beteiligung des ZDF für das Fernsehen verfilmt.

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