Derbe Dampfwalze

Trier · Den Prix Pantheon, einen der wichtigsten deutschen Kabarettpreise, hat sie bereits in der Tasche. Mit ihrem ersten Soloprogramm reüssierte Carolin Kebekus nun in Trier und hinterließ ein begeistertes Publikum.

Trier. Fleißigen Zuschauern von Comedyformaten im deutschen Fernsehen ist Carolin Kebekus schon lange ein Begriff. Und auch Trier ist für die 33-jährige Kölnerin keine Unbekannte. Als Kebekus sich im Rahmen der ZDF heute show während der Deutschen Bischofskonferenz im Fe bruar bei Kardinal Joachim Meisner um die Stelle der Päpstin bewarb, kanzelte dieser sie eiskalt ab. Das Video ist ein Hit im Internet. Mit ihrem ersten Soloprogramm "Pussy Terror" kehrte Kebekus nun an die Mosel zurück und bewies, dass sie nicht nur vor der Kamera lustig sein kann.
Dicke Hintern


Bereits vor ihrem Auftritt war die Stimmung in der Europahalle ausgelassen. Als Kebekus mit Sonnenbrille, Lederjacke, Baseballmütze und einem Rap die Bühne enterte, war kein Halten mehr. Die 600 Zuschauer klatschten im Takt, pfiffen und johlten. Der Song gab die Richtung des Abends vor. "Heidi Klum sagt im Fernsehen, wir wär\'n zu fett, aber Kerle lieben Weiber mit \'nem Arsch im Bett", dröhnte es aus den Boxen.
In den nächsten zwei Stunden folgte ein wilder Ritt durch den Kölner Karneval, Fußball, ein bisschen Politik, die eigene Jugend, die deutsche Fernsehlandschaft, Schönheitswahn, Sexismus und Missbrauch in der Kirche. Spielend wechselte Kebekus dabei die Rollen, nutze ihre Stimme beeindruckend als Werkzeug. Mal gab sie das naive Mädchen, mal den primitiven Discoproll.
Als Leitfaden diente dabei stets das Frauenbild - eines, das die Gesellschaft vermittelt, und eines, das Kebekus von sich selbst hat. "Warum soll ich Prosecco trinken, wenn ich Bier trinken kann?", gab die Komikerin das Klischee hysterischer Frauenabende der Lächerlichkeit preis.
Sprüche unter die Gürtellinie


Am stärksten war Kebekus genau dann: wenn sie die tradierten Rollenbilder rotzig hinterfragte, Sexismus und Schönheitsideale angriff. Dass ein Herr der Schöpfung, der sich über ihre Oberweite äußert, mit einem Spruch über seinen Unterleib rechnen müsse, gehört genauso zu Kebekus\' Selbstverständnis wie ihre Verachtung für alle deutschen Castingshows. "Wie kann man 200 Jahre Emanzipation in zehn Minuten vernichten? Indem du zehn Hartgeldnutten in einen Bus steckst und nach Südafrika fährst", urteilte Kebekus über die Sendung "Der Bachelor". Für Kebekus nur ein Beispiel für einen Rückfall ins Mittelalter: Unterhaltung als öffentlicher Pranger.
In ihrem Programm übernahm Kebekus die Funktion des Narren, der dem Publikum und den Mächtigen den Spiegel vorhält. Derb, witzig, wortgewandt.

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