Derwisch am Flügel

Aktionskunst und Konzert gleichermaßen war der Auftritt der japanischen Jazzpianistin Aki Takase in der Tufa in Trier. Mit ihrer Band bereitete sie Werke von Fats Waller zu einem explosiven schräghumorigen Vergnügen auf. Das Publikum war begeistert.

 Aki Takase beeindruckt in Trier. TV-Foto: Anke Emmerling

Aki Takase beeindruckt in Trier. TV-Foto: Anke Emmerling

Trier. (ae) Das Programm "Aki Takase plays Fats Waller" der in Tokio aufgewachsenen, vielfach preisgekrönten und in die Bestenliste der Deutschen Schallplattenkritik gewählten Jazzpianistin Aki Takase hat in der Tufa in Trier für Begeisterung gesorgt. Erwartungen an Virtuosität erfüllt es von Anfang an, das aber nicht in gepflegt andächtiger Konzertsaalmanier, sondern schräg und "abgefahren". Die zierliche Frau in Schwarz gebärdet sich wie ein Derwisch, hämmert zuweilen mit Ellbogen und Fäusten auf die Tasten oder springt auf und reißt die Saiten des Flügels an, dass man fürchtet, bald sei er zerlegt.

Nicht nur optisch drängt sich der Begriff "Freiübungen" auf - was sich da entlädt, ist die unbändige Lust an experimenteller Improvisation. Diese, gepaart mit satirischem Humor, bestimmt auch das Spiel der Mitmusiker Takases, Bassklarinettist Rudi Mahall, Posaunist Nils Wolgram, Drummer Paul Lovens und Gitarrist Eugene Chadbourne. Sie rücken damit Kompositionen von Fats Waller (1904-1943) zu Leibe. Die Band zitiert seine Stücke in schrammeliger, nach Bar oder Grammophonaufnahme klingender Art, erinnert damit an ihre Entstehungszeit, aber auch den berühmten Fats-Waller-Humor mit schalkhaften Titeln wie "Looking good, feeling bad"´.

Die Zitate werden jedoch bald witzig-anarchisch verfremdet und in explosive Freejazz-Passagen überführt, die mit urkomischen, teils in die Instrumente gestöhnten, gequietschten oder gesummten Dialoge der Bläser einhergehen.

An diesem kurzweiligen Abend bilden Hommage und Avantgardismus die Summe eines Gesamtkunstwerks, die Wellen der Begeisterung schlagen hoch.

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