Dicht und fesselnd

Trier · Robert Schumanns Liederzyklus "Dichterliebe" haben Tänzerin Hannah Ma, Sänger Thomas Kiessling und Pianist Klauspeter Bungert als dichtes Gesamtkunstwerk aus Musik, Tanz und Lesung auf die Tufa-Bühne gebracht. Als ebenso anrührender wie augenzwinkernder Blick auf das (Liebes-)Ideal der Romantik fesselte die Inszenierung 50 Zuschauer.

 Hannah Ma tanzt in der Trierer Tufa. TV-Foto: Anke Emmerling

Hannah Ma tanzt in der Trierer Tufa. TV-Foto: Anke Emmerling

Trier. Schon mit ihrer Idee, "Dichterliebe" in einer verschiedene Kunstformen verschmelzenden Inszenierung auf die Bühne zu bringen, werden Hannah Ma, Thomas Kiessling und Klauspeter Bungert dem Werk gerecht.
Seine Entstehung 1840 fußt auf dem gleichen Prinzip: Die von der eigenen, schwierigen Liebesbeziehung zu Clara inspirierte musikalische Idee Robert Schumanns lebt von der Symbiose mit den Texten des "Lyrischen Intermezzos" von Heinrich Heine.
Und den Dichter machen die drei Künstler zur zentralen Figur. Erst liest Klauspeter Bungert dessen Biografie, dann schlüpft Thomas Kiessling mit symbolischer Dichterkladde in Heines Rolle. Als Kind seiner Zeit huldigt der Poet dem Ideal der vollkommenen Liebe, frönt der Sehnsucht nach der ebenso vollkommenen Frau.
Hannah Ma setzt das ins anschauliche Bild einer starren Puppe auf erhöhtem Sockel um, die durch die Fantasie des Dichters zum Leben erwacht. Nur deckt sich die (Wunsch-)Fantasie leider nicht mit der Realität.
Was auf Kunstrasen in Wonnemonat-Mai-Hoffnungs-Grün in schwärmerischen, ausdrucksvoll gesungenen Versen, romantischen Klaviermelodien und anmutigem Tanz zunächst auf Erfüllung hinauszulaufen scheint, wird zum Alptraum. Hannah Ma als Braut flieht vor dem Altar und beginnt ein Eigenleben. Dem Dichter bleibt nur die in der Romantik ebenfalls gepflegte Seelenqual zwischen Träumen, Sehnen, Trauern und Verzeihen.
Das Trio setzt diese Entwicklung so dicht in Szene, dass das Publikum in ergriffener Stille verharrt. Eine Stecknadel könnte man im Saal fallen hören. Doch da ist auch die Freiheit der Distanz, die die Akteure für augenzwinkernde Interpretationen jenseits buchstäblicher Werktreue nutzen. So streuen sie beispielsweise Musik aus Schumanns "Kreisleriana" ein, für eine kurios überzeichnete Szene, an der Statisten aus dem Publikum mitwirken.
Am Ende wird es ein wenig traurig und düster, wenn Kiessling als Heine singt "Ich träumte, du lägest im Grabe...", Hannah Ma dazu eine rote Rose knickt und theatralisch umsinkt. Zu "Die alten bösen Lieder lasst uns jetzt begraben" bettet der Poet sich und seine Kladde neben die Angebetete in den symbolischen Sarg.
Ein Schlussbild, das schön die Rolle Heines als selbstironischer Überwinder der Romantik auf den Punkt bringt. ae

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