Die Aura des Originals

Konz · Galerie Kloster Karthaus zeigt Werke digitaler und analoger Malerei von Peter Becker und Martina Kefer.

 Martina Kefer mit einem ihrer analogen Gemälde. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Martina Kefer mit einem ihrer analogen Gemälde. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Foto: Eva-Maria Reuther (er) ("TV-Upload Reuther"

Konz Sogar in ihrer Freizeit sei die Menschheit von elektronischen Phantomen umgeben, die zunehmend Bedeutung hätten, stellte Abraham Moles in einem seiner Aufsätze fest. Was der französische Ingenieur und Philosoph schon Mitte der 1950er Jahre beobachtete, ist nicht zuletzt im Zeitalter der digitalen Fotografie alltägliche Selbstverständlichkeit. Einmal mehr belegt das eine sehr interessante Ausstellung im Kloster Karthaus in Konz.
Dort trifft die sogenannte Digitale Malerei von Peter Becker auf die altbekannte analoge Malkunst von Martina Kefer. Seit seiner Emeritierung als Professor für Psychologie an der Universität Trier widmet sich Becker einer Mischtechnik aus digitaler Fotografie und deren "malerischer" Bearbeitung mittels Photoshop. Pinsel und Farbe ersetzt die Rechendatei. Im unendlichen Universum der Ziffernkombination ist alles möglich, was das Programm der Software hergibt.
Das fertig bearbeitete Bild, auf einen üblichen textilen, auf Keilrahmen gespannten Untergrund gedruckt, hat die Anmutung eines traditionellen Gemäldes. Menschen stehen im Mittelpunkt der Bilder des Psychologen. "Mich interessieren vor allem Menschen meiner Generation", sagt der Künstler. Und tatsächlich gleichen die sprechenden vom Leben gezeichneten Gesichter vielgestaltigen Seelenlandschaften. Beckers Blick auf die häufig aus fremden Kulturkreisen stammenden Männer und Frauen ist einfühlsam und einsichtig.
Ausdrucksstarke Farben orchestrieren das lebendige Geschehen, verströmen Sinnlichkeit und zuweilen Exotik. Dass den Bildern Fotos zugrunde liegen, verrät ihr Realismus. Die malerische Überarbeitung von Fotos, um den Augenschein von Gemälden zu erzeugen, ist alt. Sie ist sogar eines der ältesten Anliegen der Fotografie. Allerdings ging man seinerzeit mit Pinsel und Farbe zu Werk. Die aktuelle digitale Malerei setzt dagegen vollkommen auf Illusion. Der Eindruck reduziert sich dabei auf Formen, Farbwerte und Symbole. Die Einwirkung des Malers ist ein Rechenexempel.
Anders beim herkömmlichen Gemälde, wie die Porträts von Martina Kefer daneben belegen. Die in Konz lebende und arbeitende Malerin hat an der Europäischen Kunstakademie in Trier ein berufsbegleitendes Studium absolviert. Inzwischen hat sie ein eigenes Atelier. "Auch mein Thema ist der Mensch", sagt Kefer. Ihre häufig stark gestischen Bilder zeigen Menschen in körperlicher wie seelischer Bewegung. Auch für die dunkelhaarige Frau ist die Farbe ein wichtiger Mittler, um Emotionen und Seelenzustände zu veräußern, nicht zuletzt die eigenen.
Anders als in der Digitalen Malerei ist in Kefers traditioneller Malerei der Schaffensprozess unmittelbar präsent und fassbar. Die Farbe behält als Materie ihre Griffigkeit, in der Geste bleiben Künstlerhand und Pinselstrich erfahrbar.
Das Bild umgibt die Aura des Originals. Genau dieses Miteinander von herkömmlicher und digitaler Malerei, die sich in ihrer Ästhetik auf die kunstgeschichtliche Tradition beruft, macht die Konzer Ausstellung, ungeachtet der ausdrucksvollen Bilder, ungeheuer spannend. Sie liefert jede Menge Denkanstöße etwa zum Thema "Illusion und Wirklichkeit", zur Bedeutung von Materialität oder zur Frage "Was ist ein Original"?
Bis 26. März donnerstags und freitags von 17 bis 20 Uhr und samstags und sonntags von 15 bis 18 Uhr.

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