Die beste Reklame für die Region

Trier · Genau ein Jahrhundert wäre Conrad Martin in diesem Jahr geworden. Als Pionier der regionalen Kino- und Plakatwerbung hat der Trierer Maler und Grafiker maßgeblich zum Aufschwung nach 1945 beigetragen. Zwei Ausstellungen in der Aufsichts-und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier und in der Galerie Weber, erinnern an den Trierer Künstler und Unternehmer.

 Der Künstler, wie er sich selber sieht: Conrad Martin, Selbstporträt von 1935. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Der Künstler, wie er sich selber sieht: Conrad Martin, Selbstporträt von 1935. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Trier. Er war ein "cooler Typ", würde man heute sagen. Als blondes Gift lockt seine Marlene Dietrich überlebensgroß vom Plakat die Besucher in die Trierer Kinos. Keine Frage: Conrad Martin hatte das Ohr am Puls der (Nachkriegs-)Zeit. Die war geprägt von Aufbruch und Wiederaufbau und der neu erkannten Kraft der Werbung.
Unvergessene Erfolgsgeschichte


Der 1914 geborene Nachkomme einer alteingesessenen Trie-rer Malerfirma erkannte seine Chance. Mit Einfallsreichtum und Leidenschaft nahm sich der Mann, dessen Motto "malen, reisen, entdecken" war, der kriegsgeschädigten örtlichen und regionalen Plakat- und Kinowerbung an. Das Werbeatelier Martin wurde zu einer bis heute unvergessenen Erfolgsgeschichte.
Seine Fähigkeit, Botschaften werbewirksam malerisch und grafisch auf den Punkt zu bringen, machte den einstigen Studenten der Trierer Werkkunstschule, der zudem eine Malerlehre absolviert hatte, zu einem Pionier der regionalen Werbung. "Wer nicht mit Martin wirbt, stirbt" mag es, frei nach Henry Ford, bald in der Region geheißen haben. Keine Litfasssäule, keine Weihnachtsdekoration, keine Kinowerbung kam hierzulande mehr ohne Martins unerschöpfliche werbegrafische Fantasie aus. Ob Gummistiefel, Sekt oder Baumaschinen: Wer auf sich hielt, ließ sich von Martin bewerben.
Ein paar Jahre später waren es zudem die Messestände der Firma, mit denen sich nationale und internationale Unternehmen wie die Luxair darstellten. Selbst das Land Rheinland-Pfalz setzte auf den Werbefachmann aus Trier.
Zum Innovationsgeist, Geschäftssinn und künstlerischen Talent kam die Lust am Leben. Berühmt waren die Fassnachtsfeste des Ateliers im Trierer "Dreikönigshaus". Als dort 1951 eine in rosa Toilettenpapier eingewickelte Kleopatra auftauchte, berichtete sogar die Wochenschau.
An Mut hatte es dem Trierer Unternehmer, der vor dem Krieg von einem Leben als freier Maler geträumt hatte, schon als Student nicht gefehlt. Als 1934 sein Lehrer Heinrich Dieckmann, der ihn neben dem Trierer Maler Reinhard Heß entscheidend prägte, von den nationalsozialistischen Machthabern entlassen wurde, verließ auch Martin mit anderen aus Protest die Werkkunstschule. Mit Hilfe seiner Mutter richtete er sich nach dem Wehrdienst ein eigenes Atelier ein. Sein Selbstporträt von damals ( zu sehen in der ADD) zeigt einen sensiblen jungen Mann mit dunklem, verträumtem Blick.
Der Traum vom freien Malerleben währte nicht lange. 1939 wurde Martin eingezogen. Zurück aus dem Krieg ging es erst einmal um einen auskömmlichen Brotberuf, den der Trierer bald als Werbegrafiker und Messebauer fand. Noch bis zu seinem 71. Geburtstag sollte es dauern, ehe er sich wieder seiner unerledigten Leidenschaft, der freien Malerei, widmen konnte.
Geometrie in schwerer Zeit


Hatte in seinen frühen Jahren als Student und junger Maler vor allem die nahe französische Malerei sein Werk bestimmt, so lassen Martins späte Arbeiten ganz entschieden den Grafiker erkennen, der seine Farben und Formen in klaren geometrischen Strukturen ordnet.
Womöglich war dem inzwischen betagten Künstler die geometrische Klarheit auch die angemessene Form, die Wechselfälle seines Lebens wie die eigene Gedankenfülle zu sichten und zu ordnen. Schon einmal hatte ihm die Geometrie in schwerer Zeit beigestanden. "Viereck und Kreise, Rechtecke, Bogen schwarze und weiße linealgrad gezogen" hatte sich der junge Soldat in seinem Kriegstagebuch zur Malerei geflüchtet.
ADD bis 27. Juni, Montag - Freitag 9 - 15.30 Uhr, Telefon 0651/9494-0, Internet: www.add.rlp.de; Galerie P. Weber bis 31. Juni, Montag, Dienstag, Donnerstag, Freitag 8.30 - 13 Uhr und 14 - 18 Uhr, Mittwoch, Samstag 8.30 - 13 Uhr und nach Vereinbarung, Telefon 0651/29101.
Extra

Die beiden Ausstellungen in der ADD und der Galerie Weber geben einen guten Einblick in das Schaffen des Malers und Grafikers. In der ADD wird Martins Weg von der Gegenständlichkeit bis zu seinen späten, von geometrischen Formen und einer strengen grafischen Grundstruktur geprägten Arbeiten an Beispielen gezeigt. Eindrücklich ist seine Farbpalette, die von gebrochenen über leuchtende Farben bis hin zu einer fast durchscheinenden Klarheit reicht. Sehr deutlich wird zudem die Nähe zum Trierer Lehrer Reinhard Heß. Die Schau in der Galerie Weber widmet sich zusätzlich dem Werbefachmann. Gezeigt werden neben Gemälden, Beispiele aus Martins Kino- und Plakatwerbung.er

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