Die Geschichte der Tuchfabrik als Jazzoper: 150 Künstler schenken Trierer Kulturzentrum zum 30. Geburtstag ein gigantisches Musikerlebnis

Trier · Für ihre Jazzoper "Blue Sheets" haben die Macher im Trierer Walzwerk die perfekte Kulisse gefunden. Denn das Projekt mit 150 Musikern, Sängern, Schauspielern und Tänzern spielt in einer Fabrik. Der TV war bei Proben für die Uraufführung am 7. November in der früheren Industriehalle dabei.

 Musikalisches Mammutprojekt: Insgesamt 150 Sänger, Musiker und Tänzer, Laien, Halbprofis aus Tufa-Vereinen und freier Szene sowie Profis proben zurzeit im Trierer Walzwerk für die Uraufführung der Jazzoper „Blue Sheets“, die in einer Textilfabrik spielt.TV-Foto: Mechthild Schneiders

Musikalisches Mammutprojekt: Insgesamt 150 Sänger, Musiker und Tänzer, Laien, Halbprofis aus Tufa-Vereinen und freier Szene sowie Profis proben zurzeit im Trierer Walzwerk für die Uraufführung der Jazzoper „Blue Sheets“, die in einer Textilfabrik spielt.TV-Foto: Mechthild Schneiders

Foto: (g_kultur

"Halte Abstand am Fließband ... Zu nah, und es greift deine Hand. Das ist ein One-way-Ticket ins Neverland!" Die Stimmen von mehr als 50 Sängern von Jazz- und Pop-Chor Trier und Klangvolk Konz-Könen erfüllen die Halle im Walzwerk. Noch hallt es etwas, bis zur Uraufführung der Jazzoper "Blue Sheets" am Samstag, 7. November, haben Regisseur Stefan Bastians und die Techniker um Ulrich Schneider die Akustik im Griff. Neben den Chören singen und musizieren 18 Solisten, die Rhythm & Swing Big Band und der Musikverein Lyra Tawern. Unter den 150 Beteiligten sind auch die Akteure des inklusiven com.guck-Theaters sowie Tänzer.

Das Libretto zu "Blue Sheets" hat Stefan Bastians geschrieben. Die Musik stammt von Nils Thoma, der schon lange mit der Idee einer Jazzoper "schwanger" geht. Konkret geworden ist sie zum 30. Geburtstag des Trierer Kulturzentrums Tuchfabrik, auf deren Historie Bastians' Stück basiert: "Das Tuch ist ein Symbol der Ausbeutung der Arbeiter in Fabriken und auf Baumwollfeldern, wo auch der Jazz entstanden ist." "Blue Sheets" verknüpfe beides.

Um diese Ausbeutung, aber auch um die Machtverhältnisse in einer Textilfabrik, zwischen Arbeitern, Chefetage und Aktionären, geht es in der Jazzoper, die mit einem Unfall beginnt. "Ich sehe mit Entsetzen, dass mein Mann tot ist ", erzählt Petra Bungert. Als Arbeitermutter mit vier Kindern plagten sie Zukunftsängste. Diese Gefühle darzustellen, sei ihr anfangs schwergefallen. "Beim Singen muss ich zwar viel von mir preisgeben, mich jedoch emotional nicht so reinhängen wie beim Schauspielen." Bastians habe ihr sehr geholfen. "Er hat eine gute Art zu vermitteln, was er gerne sehen möchte."

Seit März proben die Akteure, inzwischen stehen bis zu fünf Treffen wöchentlich im Walzwerk an. Das Klangvolk, das zugleich auch für das Konzert im März übt, ist dennoch froh, bei "Blue Sheets" mitzumachen. "Es ist eine tolle Erfahrung", sagt Sopranistin Melanie Woll. "Jazz zu singen ist für uns völlig neu. Da sind Sequenzen dabei, an die wir nie gedacht haben." Neu sei auch, mit Solisten sowie Orchester zu singen und sich dabei zu bewegen. Denn Klangvolk spielt die Manager und Aktionäre, der Jazz- und Pop-Chor stellt Arbeiter, Journalisten und eine Putzkolonne dar. Dafür hatten sie alle extra Schauspielproben bei Bastians.

Für Hornistin Bärbel Weber vom MV Tawern ist Jazz nichts Neues, seit Jürgen Theune, der bei "Blue Sheets" die musikalische Gesamtleitung innehat, dirigiert. Aber in der Jazzoper seien verschiedene Musikstile drin: Blues, Rock, Pop, Hip Hop und Rap. "Ich finde es toll, über den Tellerrand zu schauen und so neue Ideen zu bekommen." Auch der Spielort habe es ihr angetan. "Als wir das erste Mal hierher kamen, war das eine dreckige Fabrikhalle. Von Mal zu Mal ist etwas Neues entstanden." Wie die Plattform, auf der die Aktionäre über der Fabrik schweben, oder die Bühne für die Chefin, die auf den Spinden der Arbeiter thront. Ein Großteil der Kulisse sei aus dem Walzwerk selbst, erklärt Bastians, der für das Stück die ursprüngliche Atmosphäre der Halle erhalten hat.

"Man hat das Gefühl, dass alle an einer einzigen Sache arbeiten", sagt Martina Woll, "dass es etwas ganz Großes wird."Extra

Bei einem Unfall in einer Textilfabrik stirbt ein Arbeiter. Die Chefin beschließt, die Produktion zu unterbrechen. Das Schicksal des Opfers und seiner Familie hat Auswirkungen auf alle Betroffenen. Die Kunden sind verärgert, die Aktionäre laufen Sturm, und die Belegschaft ist noch unentschieden. In dieser Betriebspause enthüllen sich zahlreiche Geheimnisse und Skandale, auch in der Familie des Opfers. mehi

Premiere: 7. November, 19.30 Uhr. Weitere Termine: 8., 10., 27., 28. November, 19.30 Uhr, Walzwerk Trier.
Karten: TV-Service-Center Trier, Hotline 0651/7199-996, www.ticket.volksfreund.de

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