Die kleinste Posaune der Welt

Trier. Der Erfolg war vorprogrammiert, und am Ende gab es im ausverkauften Innenhof des kurfürstlichen Palais stehende Ovationen. Auch wenn das Ensemble German Brass bei den Mosel Festwochen nicht mehr unbekannt ist, so stellen seine Konzerte doch immer wieder einen Höhepunkt im Konzertkalender dar.

Es ist ein einfaches Rezept, mit dem Hermann Lewen seine Mosel Festwochen immer wieder von Erfolg zu Erfolg führt, wie bei einem Cocktail: Die richtige Mischung macht's. Aber wie beim Mixgetränk gilt auch bei einem Festival, dass nur die besten Zutaten für einen unvergleichlichen Wohlgeschmack respektive Wohlklang sorgen können. Will man jetzt, nach einem guten Drittel der diesjährigen Festwochen eine Zwischenbilanz ziehen, muss man der Intendanz eines bestätigen. Die bisherigen Zutaten waren superb. Letzter Beweis: das Konzert von German Brass (GB) im Innenhof des kurfürstlichen Palais in Trier. Sie sind keineswegs unbekannt, die zehn Musiker, "die ihre Atemluft mit Hilfe von Trompeten und Posaunen, von Hörnern und Tuben zur Erquickung des Publikums in schmetternden Wohlklang veredeln", wie Klaus Wallendorf die Tätigkeit des Ensembles beschreibt. Mit lockeren Sprüchen führte der Hornist die Zuhörer durch ein feuriges Programm und hinterließ zumindest für seine Person eine Gewissheit. So stellte er etwa fest, dass er letzthin Johann Sebastian Bachs berühmte Toccata und Fuge in d-Moll, BWV 565, die GB schon lange im Repertoire hat, tatsächlich in einer Bearbeitung für Orgel gehört habe. Den Text von Bachs Arie "Bist Du bei mir" (…geh ich mit Freuden zum Sterben und zu meiner Ruh), geschrieben für "die zukünftige Witwe Bachs" kommentierte er mit der Frage: "Welche Frau hört das nicht gerne?" Derartige "Begleitmusik" kann sich ein Ensemble nur leisten, wenn es gewiss sein kann, dass das Musikalische absolut ohne Fehl und Tadel ist und wenn es in der Lage ist, seine Zuhörer von den Stühlen zu reißen. Dafür gab es nach Bach und einem Concerto in D-Dur des britischen Klassikers John Baston die "Tritsch-Tratsch-Polka" von Johann Strauß, die "Ungarische Rhapsodie" von Franz Liszt und die Arie "Weißt Du es noch?" aus der Czardasfürstin von Emmerich Kálmán. Richtig ging die berühmte Post aber ab nach der Pause, als man im Programmheft nur noch lapidar "Around The World" lesen konnte. Jetzt wurde geswingt und gejazzt, nach der Pflicht kam jetzt die Kür. Verstärkt durch den Schlagzeuger Herbert Wachter bekamen die Trompeter Matthias Höfs, Uwe Köller, Werner Heckmann und Christoph Baerwind, die Posaunisten Enrique Crespo, Uwe Füssel und Alexander Erbrich-Crawford, Wallendorfs Hornkollege Wolfgang Gaag und der Tubist Walter Hilgers allesamt die Gelegenheit, auch ihre solistischen Fähigkeiten ins rechte Bühnenlicht zu setzen. Einen besonderen Gag gab es dann noch bei der Zugabe. Da ja, nach der Geschichte von Jericho, alle Posaunisten in den Himmel kommen, sah man auf einmal ein Oktett dieses Instrumentes auf der Bühne, angefangen vom Bassvertreter bis zur wahrscheinlich kleinsten Posaune der Welt, kaum länger als eine Hand breit ist. Da musste man schon froh sein, dass die Mauern des Palais dieser Klanggewalt standhalten konnten.

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