Die Kulturwoche

Unterm Strich · Die Nachrichten aus Italien klangen in den vergangenen Wochen nicht gut, am Montag kam die traurige Gewissheit: Der Sänger Salvatore Licitra ist an den Folgen eines Motorradunfalls gestorben. Der 43-Jährige war einer der vielen Tenöre, denen man eilfertig das Attribut "neuer Pavarotti" angehängt hatte.

Doch spätestens seit er, noch relativ jung, ins schwerere Fach gewechselt war, stimmte der Vergleich nicht mehr. Dennoch gehörte er zu den Renommiertesten seiner Zunft, war über Jahre ausgebucht, fast durchweg an großen Häusern. Zum Verhängnis wurde ihm wohl, dass er bei einer Fahrt auf dem Motorroller keinen Helm trug. Weniger tragisch, aber auch unerfreulich: eine Meldung aus Bonn. Dort scheinen die Pläne für den spektakulären Bau eines Beethoven-Festspielhauses zu platzen. Dabei sollte das 100-Millionen-Euro-Großprojekt weitgehend privat finanziert werden, von den Unternehmen Telekom, Postbank und DHL. Aber die Stadt, ohnehin massiv unter Druck nach dem Finanzdesaster um ein Kongresszentrum, hatte schon vor einem Jahr das Vorhaben gestoppt - man fürchtet die Betriebs- und Folgekosten. Jetzt sind zwei der drei Finanziers angesichts der Hängepartie abgesprungen. Damit sinken die Chancen, das Beethoven-Jahr 2020 (des Komponisten 250. Geburtstag steht an) wie geplant in seiner Geburtsstadt mit dem neuen Festspielhaus zu feiern. Auch andere Festspiele sorgen für Negativ-Schlagzeilen: In Bayreuth ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft wegen Untreue - zunächst "gegen unbekannt". Es geht um die Praktiken rund um die Kartenvergabe, die der Bundesrechnungshof heftig moniert hatte. Nur 40 Prozent der heiß begehrten Festspielkarten sollen tatsächlich in den freien Verkauf gehen. Nach zwei Strafanzeigen sah die Anklagebehörde offenkundig zumindest einen "Anfangsverdacht". In den großen Schauspielhäusern der Republik kommt man in der Regel problemlos an Karten. Unter den Auftakt-Premieren, die sich in diesen Tagen häufen, sorgten zwei für besonderes Aufsehen. Im Berliner Maxim-Gorki-Theater setzt Jorinde Drösel Hans Falladas Meisterwerk "Jeder stirbt für sich allein" als tiefschwarzen Totentanz in Szene. Und am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg brilliert Dominique Horwitz als Titelheld in Rostands "Cyrano de Bergerac". Regisseur Dominique Pitoiset lässt die Story um den wortgewaltigen, aber durch eine Riesen-Nase verunstalteten rauen Romantiker im Internet-Zeitalter spielen. Horwitz (Marken-Zeichen: Riesen-Ohren) wurde bei der Premiere letztes Wochenende vom Publikum heftigst gefeiert. Schauspiel-Kollege Armin Mueller-Stahl holt sich den Applaus hingegen in einem neuen Metier: Pünktlich zum Achtzigsten gönnt sich der Allround-Künstler die erste Deutschland-Tournee als Chansonnier mit überwiegend eigenen Titeln. An seiner Seite: Der Komponist und Arrangeur Günther Fischer. Bei der Premiere am Montag in Schwerin gab's standing ovations. Was in Schwerin bevorzugt getrunken wurde, ist nicht überliefert. Wer mehr über die "Kultur des Trinkens" erfahren will, muss schon nach München in die Galerie des Handwerks fahren. Seit Dienstag (und noch bis zum 8. Oktober) sind dort fast 800 kunstvolle Trinkgefäße aus aller Welt ausgestellt. Teuerstes Exponat ist ein Mokkaservice - für lumpige 11 300 Euro. Davon könnte man freilich auch ein paar Quadratmeter Fußboden im geplanten Beethoven-Festspielhaus in Bonn bezahlen. Dieter Lintz

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