Die Lust an der Verfremdung

Wittlich · 10 000 bunte Kunststoff-Bären am Brandenburger Tor, 800 Mal Martin Luther im Kleinformat: Mit Installationen auf öffentlichen Plätzen hat sich der Konzeptkünstler Ottmar Hörl weltweit einen Namen gemacht. Eine Auswahl seiner bekanntesten Multiples ist derzeit in der Galerie Bose in Wittlich zu sehen.

 Kunst, die provoziert: Bunte Hitler-Gartenzwerge sind der Blickfang einer Ausstellung mit Figuren des Nürnberger Künstlers Ottmar Hörl in der Galerie Bose in Wittlich. TV-Foto: Christa Weber

Kunst, die provoziert: Bunte Hitler-Gartenzwerge sind der Blickfang einer Ausstellung mit Figuren des Nürnberger Künstlers Ottmar Hörl in der Galerie Bose in Wittlich. TV-Foto: Christa Weber

Wittlich. Bunte Gartenzwerge, goldene Ratten und der berühmte Hase von Albrecht Dürer als grüne Plastik: Etwa 100 bunte Kunststofffiguren bevölkern derzeit die Ausstellungsräume der Galerie Bose in Wittlich. Unter dem Titel "Dance with the devil and other beings" (Tanz mit dem Teufel und anderen Geschöpfen) werden dort Multiples des Konzeptkünstlers Ottmar Hörl gezeigt.

Der Künstler, Präsident der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg, hatte zuletzt durch Installationen im öffentlichen Raum auf sich aufmerksam gemacht. Seine Objekte: Bekannte Figuren aus Geschichte, Märchen, Kunst und Alltagswelt. Vor zehn Jahren stellte Hörl in der Straße "Unter den Linden" in Berlin 10 000 kleine Bären auf, 2003 füllten 7000 Dürer-Hasen den Nürnberger Hauptmarkt. Diesen Sommer ersetzten Hörl und der Trierer Galerist Christoph Maisenbacher das Luther-Denkmal in Wittenberg durch 800 farbige Lutherfiguren (der TV berichtete).

Massenhafte Vervielfältigung



"Hörls Arbeiten stehen in der Tradition von Andy Warhol", erläutert Galeristin Anne-Dorothee Bose. "Er macht Pop Art mit Figuren." Besonders reizvoll sei die Auswahl der Objekte: "Hörl zeigt uns vertraute Motive wie Gartenzwerge und verfremdet sie so, dass wir ganz neu darüber nachdenken." Kennzeichnend für die Multiples ist das Serielle, ihre massenhafte Vervielfältigung. Für die Galeristin kein Grund, nicht von Kunst zu sprechen: "Wenn man ein Buch liest, wurde das ja auch tausendfach verlegt." Zudem seien Hörls Werke "demokratische Kunst, die sich jeder leisten kann", sagt Bose. Alle Exponate sind für Preise zwischen 20 und 300 Euro zu kaufen - darunter auch Hörls bisher provokanteste Kreation: bunte Gartenzwerge, die ihre Hand zum Hitlergruß heben. Diese hatten im Juli 2009 sogar Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ausgelöst, die jedoch eingestellt wurden. "Es sieht doch jeder, dass das kein Rechtsradikalismus ist, sondern eine Ironisierung des Hitlerkults", bekräftigt Bose.

Der Gartenzwerg ist eines der häufigsten Motive in Hörls Werk. Die Ausstellung zeigt ihn in verschiedenen Variationen - mal betet er, mal zeigt er den Mittelfinger. "Die Figur hat viele Konnotationen", sagt Anne-Dorothee Bose. Sie stehe für "das Heimelige, das Spießertum", tauche aber auch in Märchen auf. "Ein so bekanntes Motiv zu verfremden bietet sich einfach an."

Die Ausstellung läuft noch bis zum 16. Januar. Öffnungszeiten: dienstags bis freitags von 15 bis 19 Uhr, samstags von 10 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung: Telefon 06571/27379.

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