Die Männer mit der Wahnsinnspuste: Fanfare Ciocarlia feiern eine krachende Balkanparty in Luxemburg

Luxemburg · Die zwölf Musiker von Fanfare Ciocarlia aus Rumänien lassen es gleich von Beginn an krachen. Mit Pauken und Trompeten versetzen sie das Publikum im ausverkauften Saal der Abtei Neumünster in Luxemburg in Ekstase - und zwar mit mitreißender Gypsy-Musik vom Feinsten.

 Haben die Seele und den Rhythmus der Roma im Gepäck: Die Musiker von Fanfare Ciocarlia geben alles beim Auftritt in Luxemburg. TV-Foto: Mandy Radics

Haben die Seele und den Rhythmus der Roma im Gepäck: Die Musiker von Fanfare Ciocarlia geben alles beim Auftritt in Luxemburg. TV-Foto: Mandy Radics

Foto: Mandy Radics

Luxemburg. Das Konzert in der Abtei Neumünster in Luxemburg ist ausverkauft. Das Publikum könnte gemischter nicht sein. Dort hüpft die 60-jährige Seniorin neben dem langhaarigen Alternativen auf und ab. Nebendran schnipst die sportliche Mitvierzigerin mit den Fingern, während der seriöse Anzugträger um die 30 wild in die Hände klatscht.
Wer diese Menschen in völlige Ekstase versetzt? Fanfare Ciocarlia - schon der Name der zwölf-köpfigen Combo klingt nach guter Laune. Die talentierten Musiker kommen aus dem entlegenen rumänischen Dorf Zece Prajini. Von dort haben die sympathischen Jungs mit den roten Hemden und den schwarzen Hosen ein beeindruckendes Repertoire an Zigeunermusik mitgebracht. Solche, die den Zuschauer einfach nicht stillsitzen lässt.

Gleich zu Beginn haut einer der Musiker kräftig auf seine riesige Pauke, die er vor den Bauch geschnallt hat, als er die Bühne betritt. Schon gehen die Zuschauer mit. Als dann die Bläser an Trompeten, Posaunen und Saxofon erscheinen, gibt es kein Halten mehr.

Trotz der eng gestellten Stuhlreihen wird getanzt. So eine ausgelassene Stimmung erlebt man selten auf einem Konzert, schon gar nicht gleich zu Beginn. Mit Stücken wie "Dances from the Monastery", "Dansul Lu Sulo" oder "Absynte Minded Gypsy" lassen es die zwölf Jungs krachen. Mit aufgeblähten Backen blasen Fanfare Ciocarlia in ihre Instrumente und verwandeln westliche Klassiker wie die James-Bond-Filmmelodie oder Duke Ellingtons "Caravan" in blecherne Gypsy-Musik.

Die Melodien werden schneller und schneller. Doch die Rumänen haben ihre Instrumente voll im Griff. Treffen die Töne exakt. Der Schweiß perlt den Musikern von der Stirn, als das Stück "Asphalt Tango" erklingt. Egal, mit Handtüchern wird er abgetupft, und weiter geht\'s.

"Das ist zwar eine Sitzveranstaltung, aber tanzt mit uns, wenn ihr wollt", schallt es von der Bühne. "Lasst uns eine Party feiern!" Und so scheinen die Rhythmen der Roma in die Beine der Zuschauer zu fahren, sie einfach mitzureißen. "Mista LobaLoba" erklingt in rauer, voller Stimme von der Bühne. Das Publikum jubelt. Bei "Born To Be Wild" singen alle mit.

Fanfare Ciocarlia hat bereits acht Alben veröffentlicht, die alle weit oben in den europäischen Weltmusik-Charts standen. Seit 16 Jahren bringen sie Menschen von Tokio bis Toulouse die rumänische Zigeunermusik näher. Die Blaskapelle nennt sich selbst "die am härtesten blasende Band im Blechbiz". Noch musizierend ziehen die Herren nach dem Auftritt aus dem Saal - und feiern mit dem Publikum einfach weiter. MRA

Extra

Das aktuelle Album von Fanfare Ciocarlia heißt "Devil's Tale". Auf diesem spielt die 12-köpfige Combo gemeinsam mit dem canadischen Jazz-Gitarristen Adrian Raso. Balkan Brass meets Gypsy-Jazz-Guitar. Und das funktioniert hervorragend. Ein Sound entsteht, der wippt und swingt und einfach mitreißt. Stücke wie "C'est la Vie" erinnern an die Gypsy-Legende Django Reinhardt. Während Fanfare Ciocarlia im Konzert am Dienstagabend krachend und rasant spielten, sind auf dem aktuellen Album auch ruhigere Stücke wie "Charlatan's Waltz" oder "Leezard's Lament". Dagegen lädt das finale Stück der Scheibe "Django" zum Zappeln und Händeschnippen ein.
Fazit: Ein klares "Muss-man-haben" für die Platte mit den 12 Stücken, mit der sich Fanfare Ciocarlia einmal von einer anderen Seite zeigen, ohne ihren ureigenen Charme zu verlieren. MRA

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