Interview Ulrik Remy „Die Musik ist mein stärkster Antrieb“: Liedermacher Ulrik Remy tritt in Trier auf

Trier · Er ist ein Wanderer zwischen den Welten: Klassik, Jazz und Folk, Komponist, Radiomoderator und Linguist, in Deutschland, Spanien und den USA. Nach einer langen Pause wendet sich Ulrik Remy wieder dem Liedermachertum zu. Am Sonntag, 6. November, tritt er in Trier auf.

 Nach langer Schaffenspause zurück auf der Bühne: Ulrik Remy. Foto: privat

Nach langer Schaffenspause zurück auf der Bühne: Ulrik Remy. Foto: privat

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„Herbert von Karajan hat mal gesagt, dass es keinen Unterschied zwischen Musikstilen gibt, nur zwischen guter und schlechter Musik. Und so sehe ich das auch“, erklärt Ulrik Remy. Der Liedermacher und Komponist will in keine Schublade gesteckt werden, denn: „Das behindert nur.“

Am Sonntag, 6. November, gastiert Remy in Trier. „Seltsamerweise war ich von 1970 bis 1985 nie in Trier“, wundert er sich. „Aber dafür freue ich mich, dass ich jetzt jungfräulichen Boden betreten darf.“

Bei Carl Orff, aus dessen Feder die weltberühmten Chorsätze der „Carmina Burana“ stammen, lernt Remy in den 1960er Jahren das klassische Komponieren. In Kölner Jazzclubs erweitert er seinen Horizont. Und in den USA freundet er sich mit amerikanischen Singer-Songwritern wie Phil Ochs und Tom Paxton an.

Orff lebt im Nachbardorf, als Remy im Internat Landheim Schondorf am Ammersee zur Schule geht. „Das war für mich das Paradies“, erzählt der 67-Jährige. „Ein Klavier in jedem Klassenzimmer!“

Doch das Glück hält nicht lange an: Sein Abitur soll er in einer Kölner Schule machen, später auf Wunsch des Vaters Jura studieren. „Aus Protest habe ich dann angefangen, Jazz und Straßenmusik zu spielen.“ Das Jurastudium hat sich „nach sechs bis acht Wochen“ erledigt; Remy macht sich in der Liedermacher-Szene einen Namen. Bald nimmt er sein erstes Album auf. 1974 wird der Song „Die Kneipe“ über Nacht ein Riesenerfolg.

„Das fand ich damals natürlich ganz toll. Aber die Leute erwarteten, dass ich immer wieder eine neue ‚Kneipe‘ nachlege“, erklärt Remy. „Aber das wollte ich nicht, ich wollte mich mit jedem Album neu erfinden.“

Anfang der 1980er Jahre wird es zu viel: Remy verabschiedet sich von der Liedermacherei. Er kann sogar einen konkreten Zeitpunkt benennen, an dem er diesen Beschluss fasst: „Ich stand bei einer Wahlkampfveranstaltung der SPD vor 25.000 Leuten auf der Bühne, die einander besoffen in den Armen lagen und laut mitgrölten. Da dachte ich mir: ‚Das ist genau das Gegenteil von dem, was ich will!‘“ Also zieht er einen Schlussstrich und beginnt eine Abschiedstournee.

Das bürgerliche Leben beginnt, doch geradlinig ist es immer noch nicht: Remy ist Linguist an einer italienischen Universität, später Moderator bei einem spanischen Radiosender. 1994 nimmt er eine Stelle bei einer deutschen Firma in den USA an. Doch Geld sieht er dafür nie. „Ich bin nach und nach einer Reihe von Donald Trumps – von Abzockern und Bullshittern – in die Hände gefallen.“ Die Pechsträhne findet ihren Höhepunkt, als ein Blitz in Remys Firma einschlägt. Er verliert alles, wird obdachlos.

2005 schließlich ein Lichtblick: Remy zieht auf ein Hausboot in Florida. Dort findet er den Weg zurück zu seinen musikalischen Wurzeln. „Auf dem Hausboot fing ich fast augenblicklich an, Symphonien zu komponieren. Ich war plötzlich wieder unheimlich produktiv.“

Trotz aller Komplikationen kommt Remy immer wieder zur Musik zurück. „Ich glaube, die Musik ist einfach mein stärkster Antrieb. Auch wenn sie mal eine Zeilt lang ruht, sie kommt immer wieder. Manchmal glaube ich, ich habe gar keine andere Wahl.“

2015 zieht Remy wieder nach Aachen, arbeitet als Komponist und Schriftsteller. Auch neue Lieder schreibt er. „Ich muss einfach wieder schreiben und singen. Es juckt mich in den Fingern, wenn ich sehe, was in Deutschland gerade so passiert.“

Die neuen Lieder sind noch Skizzen. Remy will sie ausarbeiten und nächstes Jahr vielleicht ein neues Album aufnehmen. „Fest steht, dass ich nicht mehr so schreiben will wie in den 1970er Jahren, das wäre albern. Es soll moderner werden.“

Zunächst geht der Liedermacher aber wieder auf Tour und spielt in ganz Deutschland, zum Beispiel in Trier. „Ich singe natürlich meine Klassiker, aber auch einige neuere Songs. Außerdem werfe ich bestimmt den einen oder anderen Folksong ein.“

Remy plant nur die ersten zwei oder drei Lieder seiner Konzerte. „Danach bekomme ich ein Gespür fürs Publikum und kann je nach Stimmung spontan entscheiden, was ich spielen will. Ich mag es, einen Dialog mit den Leuten zu führen. Darum spiele ich ungerne in großen Hallen, sondern stehe lieber vor 100 oder 200 Leuten, deren Gesichter ich erkennen kann.“

Am Sonntag, 6. November, tritt Ulrik Remy um 19 Uhr im Kasino am Kornmarkt in Trier auf. Der Eintritt kostet 13,95 Euro.

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