"Die Odyssee ist ein Unikat"

Der Mann besitzt Deutschlands bekannteste Stimme: Christian Brückner, Schauspieler und Synchronsprecher, leiht Robert de Niro oder Alain Delon sein markantes Sprechorgan. Am Sonntag liest er bei den Antikenfestspielen aus Homers "Odyssee". Im Vorfeld sprach TV-Redakteur Dieter Lintz mit dem in Berlin lebenden Künstler.

Trier. (DiL) Wenn es in Deutschland ein Hindernis beim Zappen durch die Fernsehprogramme gibt, dann heißt es Christian Brückner. An seiner heiseren, stets Spannung verbreitenden Stimme bleibt man hängen, sobald man sich mehr als drei Sekunden darauf einlässt. Selbst einer Dokumentation über Kanaldeckel könnte er ein Flair von außerordentlicher Bedeutung verleihen. Bei den Geschichten, die er erzählt, will man stets wissen, wie sie enden.Wie der Mensch hinter der Stimme aussieht, wissen dagegen nur diejenigen, die beim "Tatort" oder einem Fernsehspiel schon mal auf die Akteure in der zweiten Reihe achten. Hauptrollen spielt er selten, vielleicht, weil Produzenten fürchten, das Publikum zu irritieren, wenn da die Stimme von Peter Fonda, Robert Redford oder Dennis Hopper mit dem Gesicht eines bärtigen 63-Jährigen verknüpft wird.Im Amphitheater wird Brückner am Sonntag, 8. Juli, ab 21 Uhr vor antiker Kulisse Auszüge aus der "Odyssee" von Homer lesen. Herr Brückner, haben Sie schon einmal in einem Amphitheater gelesen?Brückner: Nein. Ich habe in Athen und in Nordafrika schon mal die Akustik in solchen antiken Räumen ausprobiert, aber eine richtige Lesung gab's noch nie. Ich bin auf das Ambiente auch absolut gespannt.Ist die "Odyssee" ein festes Programm, mit dem Sie unterwegs sind, oder ist das ein Abend exklusiv für Trier?Brückner: Es gibt bisher kein solches Programm, weil das teilweise auch andere Kollegen besetzt haben. Aber je nachdem, wie es in Trier läuft, könnte das etwas Dauerhaftes werden.Wann ist Ihnen denn die Odyssee zum ersten Mal begegnet?Brückner: Wie wohl den meisten, auf dem humanistischen Gymnasium……und das hat Ihnen nicht endgültig den Spaß verdorben?Brückner: Na ja, es gab dann auch eine lange Zeit, in der ich mich nicht mehr damit beschäftigt habe. Aber manche Dinge begleiten einen lebenslang, kommen dann irgendwann wieder. Können Sie sich vorstellen, dass irgendein Werk der heute veröffentlichten Literatur in 2000 Jahren noch eine ähnliche Rolle spielt wie heute Homer? Brückner: Hmmmm……sagen wir mal als Beispiel: Harry Potter?Brückner: Da bin ich jetzt wirklich kein Experte. Aber ich glaube, dass Werke wie die Odyssee oder "Don Quichotte" oder sagen wir "Moby Dick" oder Shakespeares Dramen einfach Unikate sind. Ob es derzeit etwas gibt, was so werden könnte - ich kann es mir schwer vorstellen.Ihr Arbeits-Werkzeug ist die Stimme. Ein Fußballer muss seine Beine trainieren, ein Pianist seine Hände geschmeidig halten. Wie tranieren Sie Ihre Stimme? Gibt es da eine Art "Stimmband-Jogging"?Brückner: Ich tue da gar nichts Spezielles. Ich behandele meine Stimme im Grunde so, als wäre sie gar nicht da. Ich verzichte beispielsweise auch nicht auf das Rauchen. Ich hatte eine solide, jahrelange Stimm-Ausbildung, die mir eine gute Technik beschert hat. Und mein Jogging ist die tägliche Arbeit im Studio.

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