Bühne1 in Trier Die Politik durch den Fleischwolf jagen - Kulturmacher Michael Gubenko im Gespräch

Er hat die Kunst im Blut: Der Regisseur der Trierer bühne1 über seine Projekte und die Aufgabe der Kunst.

 Der Kulturmacher Michael Gubenko hat die Kunst im Blut.

Der Kulturmacher Michael Gubenko hat die Kunst im Blut.

Foto: TV/Patricia Prechtel

Mit einer Klavierlehrerin als Mutter und einem Kunstmaler als Vater wurde Michael Gubenko sein Talent praktisch mit in die Wiege gelegt. Die Grundvoraussetzungen für seinen Weg ins Theater waren ihm also schon gegeben, denn „das Theater ist ja eine audiovisuelle Kunsteinheit – aus Musik und Bild“, beschreibt es Michael Gubenko.

Der 33-jährige Regisseur wurde in Riga, Lettland, geboren und ist dort auch aufgewachsen, bis er 13 Jahre alt war. Schon in der Schulzeit entdeckte er seine Leidenschaft für das Theater und veranstaltete mit seinen Freunden unterhaltsame szenische Lesungen von Gedichten mit Musikern. Nachdem er sein Abitur im Saarland gemacht hat, studierte er in Trier auf Lehramt Germanistik, Slawistik und Geschichte.

In Trier ist er im Theater schon lange Zeit aktiv: Seit zehn Jahren ist Gubenko bei der bühne1, einem freien Theaterprojekt. 2008 castete ihn die damalige Regisseurin für eine Rolle – damit war der Anfang gemacht. Zwei Jahre war er als Schauspieler dabei, seit acht Jahren ist er auch der Regisseur des Projekts.

Aber Regisseur bei dem Theaterprojekt ist nicht sein einziger Beruf: Neben seiner Arbeit bei der bühne1 ist er in Teilzeit als Lehrer am Trierer Max-Planck-Gymnasium tätig. Zudem promoviert er zurzeit in Russischer Literatur und schreibt seine Doktorarbeit zum Thema Freiheit und Integration am Beispiel literarischer Figuren.

Aber zurück zu dem Theaterprojekt bühne1: Die ersten acht Jahre verbrachte das Team der bühne1 vor allem auf der Studiobühne am Stadttheater. Dort haben die Mitglieder ein experimentelles Stück pro Spielzeit gespielt. (Experimentell bedeutet in diesem Fall: Etwas Neues. Etwas, das sonst nicht auf der Bühne gelaufen wäre, aus Angst der Organisatoren, dass keine Zuschauer kommen würden, um sich das Stück anzusehen.) Aber diese Sorge war unbegründet: Es kamen immer Leute. Die Vorstellungen waren ausverkauft, und vor allem Studenten wurden angelockt. „Das hat uns wirklich gestärkt“, erinnert sich Gubenko. Und er ist sich sicher: „Alles kann überall gut laufen, wenn es gut gemacht ist. Mit Liebe und mit Herzblut.

Nach acht Jahren war die Zeit im Studio vorbei. Es war Zeit für etwas Neues. Doch als das Team der bühne1 nicht mehr im Studio war, standen zuerst Sorgen und Fragen im Raum. Werden sie erfolgreich sein? Kommen Leute, um die Aufführungen zu sehen? Die Sorgen waren nicht begründet – sie hatten eine komplette Auslastung. Und: Es kamen Leute jeden Alters.

Seit etwa drei Jahren ist die bühne1 ein gemeinnütziger Verein. Diesen Schritt bezeichnet Gubenko als einen notwendigen Entwicklungsschritt. Denn nun steht das Team auf eigenen Füßen. Dadurch gab es auch die Möglichkeit für Veränderungen. „Nach der Loslösung haben wir nach neuen Formaten gesucht, vor allem im interdisziplinären Bereich.“ Das bedeutet: Verschiedene Bereiche arbeiten zusammen und ergeben ein Ganzes.

Bei der Auswahl der Stücke achtet Michael Gubenko vor allem auf eines: „Mir ist es wichtig, dass ich Stücke vorschlage, die das Potenzial haben, besonders intensiv zu berühren.“ Soll heißen: „Die Zuschauer sollen nicht nur Konsumenten sein, die ein Produkt kaufen, ansehen und genießen und dann wieder nach Hause gehen. Sondern sie sollen sich emotional mit dem Stück verbinden.“ Dabei gibt es oft, aber nicht immer, ein Leitmotiv: Was wollen die Menschen voneinander? Bei diesen ungeklärten Situationen gebe es kein Patent des richtigen Handelns. Daher sei der Sinn des Lebens, das für sich herauszufinden. Daneben ist auch die Politik Thema. Dabei gilt für Gubenko folgende Devise: „Politiker sollen politisch handeln, die Kunst hingegen soll die Politik durch den Fleischwolf jagen und reflektieren.“

Die Intention zu seinem Wirken beschreibt Gubenko als Synergieeffekte und Andockstation. Junge Menschen aus Trier und der Großregion sollen ihr kreatives Wesen ausleben können. „Das Theater wird zu einer Spielwiese, in der auf Augenhöhe jeder in seinem Bereich aktiv wird und sich in seinem eigenen Projekt verwirklichen kann.“ Die Synergie beschreibt er als interdisziplinär, so dass durch gemeinsames Wirken neue Formate entstehen können. Kurz: Es kommen Künstler zusammen, jeder arbeitet in seinem Bereich, und gemeinsam können Grenzen überwunden werden. Dann wird alles zusammengewürfelt, so dass es eins wird.

Den Raum in der Güterstraße kann die bühne1 dank der Kulturstiftung der Stadt nutzen. Noch, denn während das Team die Räumlichkeiten in der Güterstraße bisher zwar noch mit Leben füllen kann, ist es bereits auf der Suche nach einem neuen Raum.

So entstand dann auch die Idee zur kommenden Winterspielzeit (Termine siehe Infobox). Zwölf kleine Events, vor allem Workshops, werden in den Wintermonaten angeboten. Die Inhalte sind ganz unterschiedlich – eine Mischung aus Ausstellungen, Workshops und künstlerischen sowie musikalischen Performances – und finden meist über ein Wochenende statt.

Neben der Winterspielzeit hat Gubenko den Kopf schon voller Ideen für das Großprojekt 2019. Am liebsten soll es ein Zusammenspiel aus Schauspiel und Musik werden, die Feinheiten sind noch nicht geklärt. Es bleibt spannend.

Patricia Prechtel

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