"Die Radikalen lachen nie über sich selbst"

Trier · Er polarisiert wie kaum ein anderer: Satiriker Serdar Somuncu wird geliebt oder gehasst - irgendwie dazwischen geht es offenbar nicht. Wer ihn kennt, weiß, auf was er sich beim Besuch seiner Show einlässt. In der Arena Trier wollten dies nur rund 800 Zuschauer.

 Eine Bühne und ein Mikrofon – mehr braucht Serdar Somuncu in der Arena in Trier nicht. TV-Foto: Karin Pütz

Eine Bühne und ein Mikrofon – mehr braucht Serdar Somuncu in der Arena in Trier nicht. TV-Foto: Karin Pütz

Foto: Karin Pütz (kap) ("TV-Upload P?tz"

Trier. Geradezu intim ist die Arena an diesem Abend bestuhlt, die Bühne ist klein und sehr nah an den Tribünenbereich herangerückt, der Innenraum besteht aus einem Block mit nur fünf Stuhlreihen. Die knapp 800 Zuschauer sitzen frontal zur schmucklosen, schwarz eingerahmten Bühne.Die Saarländer und die Trierer


"H2 Universe - Die Machtergreifung" heißt das Programm, mit dem Serdar Somuncu auftritt. Eigentlich komme er nie nach Trier, sagt er gleich zu Beginn der Show. Er fahre eigentlich immer nur dran vorbei, wenn er auf dem Weg nach Saarbrücken sei. Großer Jubel in der Arena, offensichtlich sind überproportional viele Saarländer anwesend. Die werden gleich ernüchtert: "Im Saarland erzähle ich das genau umgekehrt, im Prinzip ist es mir scheißegal, welche Rivalität zwischen Trier und dem Saarland besteht." Dieses harmlose Beispiel ist die Einstimmung für Somuncus Spiel mit Vorurteilen und Klischees, die den meisten von uns nicht fremd sind. "Ich sage Nigger und meine es nicht so. Aber es gibt Leute, die sagen schwarzpigmentierter Afroamerikaner - und denken Nigger!" Wer den Humor Somuncus nicht versteht, hat mit dem 48-jährigen türkischstämmigen Zyniker seine Probleme. Er beleidigt flächendeckend und ohne Rücksicht auf politische Korrektheit.Niemand wird geschont


"Jede Minderheit hat ein Recht auf Diskriminierung" lautet seine Devise. Er lästert über "Schwulis", und es wird gelacht. Doch wer das eben noch lustig fand, fühlt im nächsten Moment selbst den Stachel im Fleisch, wenn es gegen "Weiber" oder "Mongos" geht. Damit hält er uns allen den Spiegel vor, und die Besucher begreifen spätestens jetzt, um was es geht: um Ironie und die Fähigkeit, sie von Gehässigkeit zu unterscheiden.Heftiger Zwischenapplaus


Über sich selbst lachen zu können, gehört bei einem Besuch in Serdar Somuncus Show unbedingt dazu. "Die Radikalen lachen nie über sich selbst." Tosenden Applaus gibt es, als er erzählt, dass er von der AfD angezeigt wurde und stolz darauf ist. "Das ist doch eine Leistung: Ein Türke wird von Nazis angezeigt wegen Volksverhetzung." Dann spricht er nach äußerst detaillierten Schilderungen sexueller Praktiken nahtlos über ethische Werte. Für beides erntet er heftigen Zwischenapplaus. Dass es sich bei den Besuchern der Arena um eine eher überschaubare Gruppe handelte, die die Gelegenheit zu einer Lehrstunde über Zwischenmenschlichkeit und Populismus nutzte, ist bedenkenswert - aus welcher Sicht auch immer.

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