Die Rückkehr ins Amphitheater

TRIER. Zehn Wochen vor Beginn der sechsten Antikenfestspiele laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Neben Stars wie Nancy Gustafson, Julia Stemberger oder Kurt Moll dürfen die Zuschauer auch auf ein verändertes Bühnen-Konzept im Amphitheater und eine neue Ausweichstätte in der "Arena Trier" gespannt sein.

 Zurück zu den Anfängen: In diesem Jahr dient ausschließlich die eindrucksvolle Kulisse des Amphitheaters als Aufführungsort für die Antikenfestspiele.Foto: TV -Archiv/Josef Tietzen

Zurück zu den Anfängen: In diesem Jahr dient ausschließlich die eindrucksvolle Kulisse des Amphitheaters als Aufführungsort für die Antikenfestspiele.Foto: TV -Archiv/Josef Tietzen

WennHeinz Lukas-Kindermann dieses Leuchten in den Augen hat, dann hater wieder mal eine der vielen Hürden auf dem Weg zu "seinen"Antikenfestspielen überwunden. Manchmal springt er elegant überdas Hindernis, manchmal läuft er mühsam drumherum. Und wenn esgar nicht anders geht, dann rennt er mit solcher Wucht dagegen,dass die Hürde quer über die Bahn fliegt. Ein so großes Orchester gab's in Trier noch nie

Es gab Jahre, da war der Hindernis-Parcours um diese Zeit noch unüberschaubar. Diesmal scheint der Rest der Wegstrecke 70 Tage vor dem Start einigermaßen übersichtlich zu sein.

Den größten Coup hat der Intendant mit seinem Festival-Orchester gelandet. Aus Nancy kommt der Shooting-Star am Dirigentenhimmel, Sebastian Lang-Lessing, mit dem soeben in den Adelsstand des "Nationalorchesters" erhobenen "Orchestre Symphonique et Lyrique de Nancy".

Es hat einiger Kämpfe und Krisensitzungen im Rathaus bedurft, bis Kindermann den nicht ganz billigen Kulturaustausch mit den lothringischen Nachbarn durchsetzen konnte. Nun formt Lang-Lessing, verstärkt durch das Trierer Orchester, einen hundertköpfigen Klangkörper, wie ihn die Festspiele noch nicht gesehen - und gehört - haben dürften. Dafür wird erstmals die Luxemburgische Philharmonie gänzlich fehlen - Termingründe, sagt Kindermann. Für ein Zusatz-Konzert seien angesichts des dichten Programms keine Kapazitäten mehr frei. Aber man bleibe "gute Freunde", mit der Perspektive weiterer Kooperationen in den nächsten Jahren.

Die Suche nach einem ähnlich stark bestückten und damit Amphitheater-tauglichen Festival-Chor verlief holprig. Der groß angekündigte Projektchor unter Leitung von Spee-Chor-Chef Martin Folz stieß auf wenig Gegenliebe beim Theater-Chor und Extra-Chor: Man fühlte sich übergangen. Dann platzte das Projekt, und plötzlich waren doch die Theater-Profis gefragt. In Tag- und Nachtarbeit wurden bis in die letzten Tage hinein Sänger rekrutiert, offenbar mit Erfolg: Der Chor werde der Größe des Orchesters nicht nachstehen, verspricht der Intendant.

Das dürfte auch nötig sein, ist doch Wagners Früh-Oper "Rienzi" ein monumentaler Schinken, der keine kammermusikalischen Dimensionen verträgt. Das von fast italienisch anmutender Melodienseligkeit geprägte Werk, das Wagner später aus den heiligen Hallen von Bayreuth verbannte, passt traumhaft in das römische Gemäuer. Immerhin geht es um Volkstribunen, Macht, Intrigen und den Niedergang des römischen Reichs. Nicht direkt antik, eher spätes Mittelalter - aber wer wird da schon so penibel sein.

Neue Raumaufteilung im Amphitheater

Die Rückkehr ins Amphitheater verbindet der Intendant und Regisseur mit einer neuen Raum-Aufteilung. Gespielt wird nicht mehr am Nordtor; die Bühne steht in westlicher Richtung. Dadurch können die Katakomben für Auf- und Abgänge genutzt werden, und für das Publikum steht eine größere Fläche zur Verfügung. So wird der unattraktive Tribünen-Hochbau früherer Jahre verzichtbar. Ein Großteil des Publikums soll ebenerdig sitzen, der Rest wird auf der "Sparkassen-Tribüne" untergebracht, die aus den Kaiserthermen umzieht.

Von seinem Herzenswunsch, die Tribünen in die antiken Ränge "hochzuschrauben", musste Kindermann aus Kostengründen Abschied nehmen. Auch die geplante, orchesterbegleitete Stummfilm-Aufführung von "Ben Hur" fiel dem Sparzwang zum Opfer. Auf 43 000 Euro beziffert der Intendant die Produktionskosten, vor allem wegen der teuren Filmmusikrechte.

Sollte es regnen, entfällt in diesem Jahr das unbeliebte Spiel "Wo finde ich einen Platz in Maximin". Die neue Großraumhalle bietet die Option, das Sitz-Angebot des Amphitheaters 1:1 zu übernehmen. Ein zweites Bühnenbild ist finanziell nicht drin, dafür soll die Möglichkeit einer Kamera-Übertragung auf Großbildschirme genutzt werden - so nahe war man den Stars noch nie.

Die prominentesten Gäste sind diesmal im Rahmenprogramm vertreten: Schauspielerin Julia Stemberger, spätestens seit dem "König von St. Pauli" einem breiten Publikum bekannt, liest bei der antiken Weinprobe am 26. Juni. Und Bass-Legende Kurt Moll gibt am 28. Juni einen Liederabend im Theater Trier.

Publikumslieblinge und Hoffnungsträger

Für Rienzi hat Kindermann neben Ausstatter Pet Halmen ein Trio für die Hauptrollen gewonnen, das weltweit keine Konkurrenz zu scheuen braucht. Mit Nancy Gustafson kommt ein Wiener Publikumsliebling mit Hauptrollen-Erfahrung in allen großen Häusern der Welt. Chariklia Mavropulou brillierte im letzten Jahr als Adalgisa in der Trierer "Norma", und John Horton Murray, der die Titelrolle verkörpert, gilt von New York bis Berlin als Hoffnungsträger unter den dramatischen Tenören.

Das Schauspiel ist traditionell die Domäne des Trierer Ensembles. Mit Shakespeares "Julius Caesar" unter der Regie des Karlsruher Generalintendanten Achim Thorwald hat man ein Stück ausgesucht, dass den Dimensionen des Amphitheaters besser entsprechen dürfte als die Woody-Allen-Komödie beim letzten Mal.

Das Antikensymposium im Audimax der Uni ist am 3. Juli dem Thema "Richard Wagner, die Antike und Italien" gewidmet. Nach dem großen Erfolg der letzten beiden Jahre ist man bei der "Mischform" aus wissenschaftlichen Vorträgen und Künstler-Auftritten geblieben.

Karten an der Theaterkasse (0651/181818) oder online über www.antikenfestspiele.de

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