Die Scherben und das Glück

"Rio Reiser war seiner Zeit weit voraus", sagt Sänger Jan Plewka über den 1996 verstorbenen früheren "Ton Steine Scherben"-Frontmann Rio Reiser. Plewkas hochgelobte Hommage "Plewka singt Reiser" gastiert am Mittwoch, 27. Februar, in der Trierer Tuchfabrik.

Trier. Mitte der 80er, irgendwo im hohen Norden, hinter Hamburg. Die Neue Deutsche Welle ist längst tot. Keine gute Zeit für deutsche Pop-Texte. Aber es gibt Ausnahmen. Sänger und Schauspieler Jan Plewka, heute 37, erinnert sich an die frühe Jugend. An die Abende am See, mit Lagerfeuer und kreisender Gitarre. "Wenn wir gesungen haben, waren immer viele Rio-Reiser-Songs dabei. Das war einer der wenigen, bei dem es nicht peinlich war auf Deutsch zu singen", sagt Plewka im Telefonat mit dem TV. Es war seine erste musikalische Begegnung mit Reiser. Plewka blieb bei der Gitarre und beim Gesang. Mit "Selig" hatte er Erfolg, in den 90ern, als deutsche Texte langsam wieder clubfähig wurden. "Wenn ich an Rio denke, denke ich an viele Räume, die ich bewohnt habe und die Geschichten, die ich erlebt habe", sagt der Hamburger. "Er hat mich eben mein Leben lang mit seinen Liedern begleitet. Unerreicht, aber immer da." Kennen gelernt hat Plewka seinen vielleicht wichtigsten Ideengeber nie. "Ich hatte einmal die Gelegenheit dazu. Aber ich bin damals weggerannt. Es heißt ja auch: ,Never meet your idols.'" Niemals die Idole treffen. Man könnte merken, dass es auch nur Menschen sind. Möglich, dass man enttäuscht wird. "Ich glaube, wir hätten uns gut verstanden", sagt Plewka. Seine Hommage "Jan Plewka singt Rio Reiser" ist am Mittwoch, 27. Februar, 20 Uhr, erstmals in Trier zu hören. Mit Stücken von "Ton Steine Scherben" und Solo-Liedern. Reiser starb 1996 an einem Herz-Kreislauf-Kollaps. Er stand für Polit-Rock, bisweilen für Parolen ("Keine Macht für Niemand", "Macht kaputt, was euch kaputt macht"), vor allem aber für eine Poesie im deutschen Pop, wie man sie vorher und nachher lange nicht gehört hat. "Viele haben Reiser damals nicht verstanden. Er war seiner Zeit weit voraus", sagt Plewka, der den "Scherben"-Polit-Rock der frühen "Ton Steine Scherben" auch heute noch für aktuell hält. "Das sehe ich, wenn ich bei meinen Konzerten ins Publikum schaue. Da sind Leute von 15 bis 75 - und gerade die jungen Leute reißen einem gerade die Worte aus dem Mund. Ich glaube, es gibt ein großes Bedürfnis nach solchen Texten, nach einer fast naiven Utopie vom Paradies oder auch konkret politischen Texten." Was in Trier zu hören sein wird? Eine Show, mit lustigen Momenten, wie Plewka verspricht, mit kleinen Spielereien. Sein Motto ist dabei: "Ich versuche nicht Rio Reiser zu sein, sondern ich bin Plewka, der Reiser-Lieder singt." Wenn man der Kritik im Hamburger Abendblatt glauben darf, gelingt ihm das auf ganz besondere Art und Weise: "Wer vor Glück heulen möchte, muss sich diesen Abend anschauen."

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