Die Schrullen der Ü-50er

Trier · Bei ihrem ersten Auftritt in Trier hat die bayerische Kabarettistin Angelika Beier ihre Zuschauer in der Tuchfabrik mit Geschichten aus ihrem Leben jenseits der "besten Jahre" zum Lachen und Nachdenken gebracht.

Trier. Rappelvoll ist der kleine Saal der Trierer Tuchfabrik am Samstagabend, als die Münchner Komödiantin Angelika Beier alias Fanny den Second-Hand-Laden ihres Lebens auf der Bühne präsentiert. "Obwohl mich hier ja keiner kennt, seid ihr alle gekommen", sagt sie mit einem strahlenden Lächeln.
In und um München gilt die Beier als Urgestein des Kabaretts, in Trier zeigt sie ihr Programm "Zwischen Sex und 60", dass - anders als der Titel das suggerieren könnte - eher auf die leisen Töne baut und voller Sympathie auf die Schrullen des Lebensstils der heutigen Generation über 50 schaut. Fast ohne krachende Pointen kommt sie aus, vieles wird in Liedform dargebracht und führt zu der Erkenntnis "Man kann nicht alles haben, aber ich habe mich!"
Mal kokett, mal fatalistisch


Die knapp 100 Zuschauer sind in der Mehrzahl weiblich und ebenfalls nicht mehr knackfrisch-jugendlich. Die Lacher zeigen, dass man sich versteht und mit der Second-Hand-Fanny identifiziert. Die hat auf der Bühne ihren Laden aufgebaut und spielt wonnevoll mit den Requisiten aus dreißig Jahren Bühnenleben und den Trivialitäten von Partnerschaft, Beruf, Freundschaften und deren Vergänglichkeit; mal kokett, mal fatalistisch, mal voller Optimismus.
Dieser Optimismus sei das Ergebnis von schlechter Information und Leugnung der Realität, sagt Fanny und holt sich die Bestätigung beim Publikum in Person von Rudi, einem grauhaarigen Herrn aus der ersten Reihe, der fortan ihr Lieblings-"Opfer" ist und humorvoll und tapfer so manchen Spott über sich ergehen lässt.
In der Interaktion mit dem Saal liegt die große Stärke der Beier, spontan kontert sie Zwischenrufe und zeigt echte Freude über die Sympathie, die ihr entgegengebracht wird. Hatte ihr da etwa jemand das Trierer Publikum als dröge angekündigt?
Vor allem im zweiten Teil der 90-minütigen Show ("Wie ein Fußballspiel, meine Herren, das werden Sie ja wohl aushalten!") wird es etwas flotter, zotiger, es geht um Sex. Fannys alte Tante Else sucht im Internet nach Callboys, und die Nachbarin muss nach der Lektüre von "Fifty Shades of Grey" und entsprechenden Fesselspielchen von der Feuerwehr aus einer daraus resultierenden, misslichen Lage befreit werden. Aber auch das gelingt ohne Fremdschäm-Momente und ohne Brüller-Pointen, so mancher lacht still in sich hinein.
Insgesamt ein vergnüglicher Comedy-Abend, der sich durch die sehr persönliche Sicht der Figuren auf sich selbst auszeichnet. Und wohltuender Weise auch mal ohne Politiker- und Prominenten-Bashing auskommt.

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