Vinyl der Woche: Infest – Papa Roach Die Selbsthilfe-Kakerlake

Wenn der eigene Song mehr als ein Jahrzehnt später zur Selbsthilfe wird: In der Kolumne Vinyl der Woche blicken wir diesmal auf das Album Infest von Papa Roach und wie es etlichen Hörern weltweit hilft.

 Infest Papa Roach

Infest Papa Roach

Foto: Papa Roach

Musik unterhält uns nicht nur, sie hilft uns auch. Durchleben wir eine schwere Zeit, dann passiert es nicht selten, dass uns ein bestimmter Song wieder nach oben zieht. Und das, obwohl die Person, die diesen geschrieben hat, uns und unserer Situation fremd sind. Normalerweise.

Denn was, wenn die Rettungssong-schreibende Person wir selbst sind? So geschehen bei Jacoby Shaddix, Sänger der amerikanischen Nu-Metaller Papa Roach. Als Shaddix mit seinen Bandkollegen vor 20 Jahren das Album Infest aufnimmt, ahnt er noch nicht, dass ein bestimmter Song ihm selbst sehr helfen wird.

Vor Infest kennen nur absolute Experten Papa Roach. Die Band, deren Mitglieder damals im Schnitt 21 Jahre alt sind, ist weit entfernt von den ganz großen Künstlern ihres Genres. Nach einigen EPs unterschreiben sie 1999 bei Dreamworks Records. Eine Unterschrift, die den Grundstein für weltweiten Erfolg legen sollte. Denn bei diesem Label veröffentlichen sie am 25. April 2000 ihr erstes Studioalbum Infest, das sich bis heute acht Millionen Mal verkauft und zu einem der Meilensteine des Nu-Metals der späten 1990er- und frühen 2000er-Jahre wird.

Die Platte mit der Kakerlake auf dem Cover wird oft auf einen Song reduziert: Last Resort. Es gibt wohl keinen Rockmusik-Fan, dem die Zeilen „Cut my life into pieces, this is my last resort“ fremd vorkommen. Auch wenn Infest mehr kann als nur Last Resort (vor allem auch die Songs Broken Home, Snakes und Between Angels and Insects machen das Album zu dem Meilenstein, der es ist), sticht der Titel natürlich heraus und läuft seit jeher auf etlichen Partys. Und das, obwohl sein Inhalt alles andere als glücklich ist.

Ganz kurze Kurzversion: Der Song handelt von einer Person, die eine schwere Phase durchmacht und die als letzten Ausweg den Suizid sieht. Ohne zu beschönigen sprechen Papa Roach ein ungemütliches Thema an. Scrollt man sich durch Foren im Internet, die sich mit dem Song befassen, dann wird deutlich, wie vielen Menschen Last Resort geholfen hat. Die Kommentar-Quintessenz: Hörer erkennen ihre eigene Situation in Last Resort wieder – und haben dadurch das Gefühl, nicht alleine durch die schwere Zeit zu müssen. Der Song hilft.

Wie angesprochen, unterstützt er 2012 auch Jacoby Shaddix, als auch dieser eine Krise durchlebt, zu viel trinkt und sich von seiner Frau trennt. Nach eigener Aussage bekommt Last Resort damals für ihn eine neue Bedeutung, zieht ihn aus der Krise. Er schafft es, dem Alkohol zu entsagen und zu seiner Familie zurückzukehren. Ein Happy End, das er sich selbst ermöglicht – unbewusst. Christian Thome

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