Die Sinnlichkeit des Umlauts

1. Morrissey 10. Dezember, Esch/Lux, Rockhal 12. Dezember, Frankfurt Kulturhauptstadt Luxemburg 2007? Das stellten sich Spötter vom Programm her etwa so vor: Christo verhüllt schnell für ein paar Milliarden das ganze Großherzogtum, dann werden noch einige knuffige Stilleben in die Banken-Foyers gehängt - und fertig ist die Kunst-Parade.

Völlig falsch! Dass gleich zum Auftakt des Kulturprogramms der laut englischer Musikpresse "einflussreichste Pop-Musiker aller Zeiten" - Morrissey - nach Esch in die Rockhal kommt, ist durchaus ein Zeichen: Man nimmt den Kultur-Titel in Luxemburg verdammt ernst. Der 47-jährige frühere Sänger von "The Smiths" wird zwar auf der Insel noch stürmischer verehrt als hier. Aber auch auf dem Festland hat er viele treue Anhänger. Selbst wenn "Mozzer" seinem guten Live-Ruf beim diesjährigen Auftritt bei Rock am Ring kaum gerecht wurde. Auf großen Festivals zwischen Metallica oder Guns N'Roses fühlt er sich eben nicht so wohl. In der Rockhal (oder alternativ in Frankfurt) hoffentlich schon. 2. Katie Melua 7. Dezember, Arena Trier Briten tun derzeit einiges dafür, dass unsere osteuropäischen Freunde wieder zu altem Glanz zurückfinden. So stellt Kasachstan dank Borat-Darsteller Sacha Baron Cohen mittlerweile fast schon den großen Nachbarn Russland kalt - zumindest, was die Medienpräsenz angeht. Auch von Georgien hört man immer öfter: Zum einen, weil der Rivenicher Klaus Toppmöller dort die Nationalkicker auf Trab hält. Zum anderen wegen einer Ausnahme-Sängerin. Die gebürtige Georgierin Katie Melua hat zwar längst auch einen profanen britischen Pass, als schmuckes Aushängeschild für die Kaukasus-Republik taugt sie aber trotzdem: Die 22-jährige Platin-überhäufte Sängerin mit der sanften Stimme ("Nine Million Bicycles") kommt nur zu zwei Konzerten nach Deutschland - darunter auch nach Trier in die Arena. Vorschlag für eine Zugabe: "Toppi" und Katie singen im Duett die georgische Nationalhymne. Aber daraus wird wohl eher nix. 3. Sophia 12. Dezember, Esch/Lux, Rockhal Nein, Robin Proper-Sheppard ist kein Ausbund an Fröhlichkeit. Kein Songwriter, dem die Sonne aus den Augen scheint - da war es nur konsequent, dass es Proper-Sheppard (der Mann hinter dem Namen Sophia) einst aus dem sonnengeküssten San Diego ins kaltnasse London zog. Eine Stadt, die er sich zudem gar nicht leisten kann, wie er auf dem grandiosen neuen Album "Technology won't save us" bemerkt. Wer auch nur einen leichten Hang zum Sentimentalen hat und bei einem Schlückchen Pathos nicht gleich Sodbrennen bekommt, dürfte Sophia lieben: Denn Proper-Sheppard trägt seine herzzerreißenden Stücke wie "If only" oder "Are you happy now?" mit soviel Inbrunst vor, dass man sich wünscht, der Winter würde nie enden. Nur eins sollte man bei Konzerten von Sophia tunlichst unterlassen: sich während der Stücke zu unterhalten. Denn da reagiert Proper-Sheppard unterkühlt. 4. Motörhead 9. Dezember, Trier, Messepark Dreckiger Rock'n'Roll. Harter Kerl in schwarzem Leder, mit kauziger Gesichts-Bewaldung. Whiskey-Röhre. Laaauuuter Bass. Dazu eine Warze auf der Wange, die Peter Maffay erblassen ließe. Richtig: Es geht um Lemmy. Bürgerlich Ian Kilmister, englischer Pfarrerssohn. Lemmy (mittlerweile 60 Jahre alt!) ist Sänger, Bassist und die echte Konstante bei Motörhead - eine von nicht mehr so vielen wirklich authentischen Rockbands. Ein Kumpel hat mich noch nachdrücklich darauf hingewiesen, dass Motörhead auch "viele echt gute sozialkritische Texte" haben, die man unbedingt mal erwähnen sollte. Hiermit geschehen. In diesem Sinne - Eat the Rich! 5. The Crüxshadows 13. Dezember, Trier, Exhaus Es gibt Dinge, die kann man nicht kaufen. So bekommen manche US-Amerikaner und Engländer regelrecht Minderwertigkeits-Komplexe - weil ihrer Sprache die schönsten, knackigsten, erotischsten Laute fehlen: die Umlaute. "Köln, Sülzgürtel", "Hämorrhoiden" oder "DJ Ötzi" - ätschi, ihr Amis: so was Schönes habt ihr nicht. So klauen sich Bands wie Motörhead, Blue Öyster Cult oder eben The Crüxshadows zumindest mal ein paar Pünktchen, um ihren Namen zu tunen. Die Crüxshadows aus Florida sind dabei nicht wie die meisten Umlaut-Freunde im Metal zugange, sondern im Gothic-Bereich: dank des charismatischen Sängers Rogue und der Mischung aus E-Violine, Synthesizer und düsteren Gitarren hat die Band vor allem in Deutschland sehr viele Fans.

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