Die Welt aus Künstlersicht

LUXEMBURG. In den Luxemburger Konzerten ist Alain Steffen fast immer als Kritiker präsent. Jetzt hat der Mitarbeiter des "Tagblatts" ein Buch mit Musikergesprächen veröffentlicht.

Wie gerne würden Musikfreunde mehr über den Künstler erfahren, dem sie im Konzert zujubeln! Alain Steffen, der Kritiker des Luxemburger "Tagblatts" und freie Musikjournalist, hat sich nicht auf die Konzert-Berichterstattung beschränkt, sondern für die Monatsbeilage "kulturissimo" des "Tageblatts" mit bedeutenden Musikern Gespräche geführt. Die sind jetzt als Buch erschienen. "Gespräche in B-Dur" - der einigermaßen kryptische Titel zielt auf den Tonart-Charakter. "B-Dur", so heißt es im Vorwort des renommierten Cellisten Jan Vogler, "ist eine geheimnisvolle und vielfältige Tonart, die viel Raum für eigene Interpretation und sehr persönliche Gefühle lässt". Und so hält sich Alain Steffen in den 31 Kapiteln dieses Buchs nicht an starre Schemata, sondern fragt und führt die Gespräche ganz individuell, mit exzellenter Vorbereitung und beachtlichem Wissen. Dass Siegfried Jerusalem noch nie den Tannhäuser gesungen hat, wird Gegenstand einer gezielten Frage und einer erhellenden Antwort. Er habe einfach Angst vor dieser Partie, sagt der bayreutherfahrene Tenor entwaffnend offen. Und zeigt einmal mehr, dass gerade die Stars verwundbar sind. Wobei Steffen zwar persönliche Fragen stellt, aber alles allzu Private meidet. "Gespräche in B-Dur" ist ein spannendes Buch, das förmlich dazu drängt, gelesen zu werden. Es macht die Lektüre leicht, weil es den Einstieg (und auch Ausstieg) an beliebiger Stelle ermöglicht. Platitüden haben keine Chance. Jedes Gespräch ist für den Leser ein Gewinn. Dirigenten wie Kent Nagano oder Mariss Jansons sind dabei, Geigerinnen wie Anne-Sophie Mutter oder Midori, der Komponist Magnus Lindberg, der Sänger Matthias Goerne und der Akustiker Russel Johnson. Und manche, wie Kurt Masur oder Daniel Barenboim, sind nicht nur Musiker, sondern auch bedeutende Zeitzeugen. Eins der interessantesten Interviews führt Alain Steffen mit Ernst Haefliger, dem großen lyrischen Tenor der 1950er- und 1960er- Jahre, der mit einer Mischung aus Liebe und Wehmut zurückblickt und vor allem an den großen, früh verstorbenen Dirigenten Ferenc Fricsay erinnert. Solche Gespräche sind mehr als nur musikpublizistische Aperçus. Sie sind wesentliche Ergänzungen zu den Künstler-Biografien. Auch darum sollte Alain Steffens Buch nicht nur gelesen, sondern aufbewahrt und wieder gelesen werden. Alain Steffen, Gespräche in B-Dur, 240 S., zahlr. Abb. Editions Le Phare, 27 Euro. Erhältlich im Trierer Musikhaus Kessler oder bei Chantal Rossi, Tel. 00352/ 547131 crossi@tageblatt.lu

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