Die Welt im rosaroten Licht

Trier · Der niederländische Künstler Robert Kreis hat in seiner 40-jährigen Karriere zum ersten Mal den Weg nach Trier in die Tuchfabrik gefunden. Wenn es nach den etwa 100 begeisterten Zuschauern geht, sicher nicht zum letzten Mal.

 Mal ernst, mal augenzwinkernd: Robert Kreis. TV-Foto: Dirk Tenbrock

Mal ernst, mal augenzwinkernd: Robert Kreis. TV-Foto: Dirk Tenbrock

Trier. Die Bühne im großen Saal der Trierer Tuchfabrik ist in pastelliges Licht getaucht, als der holländische Entertainer Robert Kreis am Samstagabend sein neues Programm "Rosige Zeiten" präsentiert. Der Habit eines Gentleman aus den 1920er Jahren, inklusive Pomade und Menjou-Bärtchen, steht dem gebürtigen Indonesier gut, sein Akzent ist charmant, sein Deutsch dabei tadellos. Ironisch bezeichnet er sich als Ersatz für den 2012 verstorbenen "Käskopf" Jopie Heesters, mit dem er in seiner vierzigjährigen Karriere schon mehrmals auf der Bühne gestanden hat und den er ebenso bewundert wie die Zeit, als Heesters seine Karriere begann. Deshalb sammelt er Lieder genauso wie Platten, Bücher und Magazine der "Roaring Twenties".
All das macht Robert Kreis und sein Programm aus: Er sitzt am Flügel und singt Lieder über Erotik, Liebe oder wahren Nonsens. Die großen Interpreten, Texter und Komponisten der Weimarer Republik passieren Revue, Otto Reutter, Engelbert Milde oder Werner Richard Heymann werden musikalisch zitiert.
Dazwischen erzählt Kreis Anekdoten aus seinem und aus dem Leben der Künstler der Jahre zwischen den Weltkriegen und zitiert Witze, gerne auch jüdischen Ursprungs, aus den Magazinen. Dabei warnt er vor dem heutzutage wieder erstarkenden braunen Gedankengut, dessen Ideologie dem kreativen Treiben in Berlin ein Ende gesetzt hatte. Es gibt denn auch stille, nachdenkliche, poetische Momente in Kreis\' Programm, der eine oder andere Kalauer bringt die Zuschauer dann wieder zum Lachen.
Ein herrlich abgedrehter Chanson von Willy Rosen über den verehrten Heldentenor Richard Tauber zeigt Kreis\' komisches Talent, mit feixendem und grimassierendem Minenspiel sorgt er für Heiterkeit. Seine fast 65 Lebensjahre merkt man ihm nicht an, mit jugendlichem Elan und ohne Mühe singt und spielt er sich durch sein zweistündiges Programm. Dabei gelingt ihm der Spagat zwischen Unterhaltung und Kunst, eine reife Leistung. Großer Applaus des Publikums! DT

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