Die Wut der Verzweiflung

Trier · Album des Monats, lange im Voraus ausverkaufte Konzerte, eine riesige Nachfrage nach Karten für die offizielle Livepräsentation am Freitag im Trierer Exhaus: Der wütende Deutschpunk von Pascow ist so erfolgreich wie nie. Nur der Mainstream bekommt davon wenig mit.

 Bloß nicht zu altersmilde werden: Die Punkrockband Pascow – mit Flöter, Swensen, Alex und Oliver Thomé (von links) – stellt am Freitag im ausverkauften Exhaus das Album „Diene der Party“ vor. Foto: Kay Özdemir

Bloß nicht zu altersmilde werden: Die Punkrockband Pascow – mit Flöter, Swensen, Alex und Oliver Thomé (von links) – stellt am Freitag im ausverkauften Exhaus das Album „Diene der Party“ vor. Foto: Kay Özdemir

Trier. "Späne größer als der Hobel/Und dein Feuer ging dann aus/Was bleibt, scheint Nebel/Und ist nur kalter Rauch."
Die Verse könnte man in der Nähe von Gottfried Benn verorten. Dazwischen schwerer Rotwein, stille Reflexion. Im Hintergrund dräut Moll-Piano. Bourgeoisie und Alltag.

Oder vielmehr: brodelnde Magensäure. Denn die gedruckte Zeile lügt, weil sie in diesem Fall das Wichtigste verschweigt. Der Text wird nicht bedeutungsschwer rezitiert. Er wird - pardon, aber Punk ist keine Business-Lounge - vor die Füße gekotzt. In "Verratzt", dem kürzesten, härtesten, schnellsten Song vom fünften Pascow-Album "Diene der Party". Im 40-Sekunden-Punkrock-Destillat schreit Sänger Alex mit der Wut der Verzweiflung gegen die "Traktoren der Giganten und der Gier".

Wer befürchtet hatte, die saarländisch-trierische Punkrockband würde nach 15 Jahren zahm werden oder altersmilde, selbstgefällig oder gar formatradiotauglich, der kann sich zurücklehnen. Die Party mag vorbei sein. Aber der Kampf hat gerade erst angefangen.

"Wir sind definitiv nicht ruhiger geworden", sagt Schlagzeuger Oliver Thomé. "Die Texte sind weniger kryptisch. Und je deutlicher sie sind, desto geringer ist der Interpretationsspielraum." Da passt es, dass sich Pascow in Position bringt, etwa gegen Grauzone-Bands wie Frei.Wild: "Weil Dummheit dann gefährlich ist, wenn sie für dich von Heimat spricht", heißt es in "Lettre Noir". Die Ansprache ist direkter, ohne dass noch der Mittelfinger die Antwort auf jede Frage sein muss.

Erlaubt ist, was gefällt? Das klingt zwar nach Punkrock, gilt aber im Genre längst nicht immer. Pascow hält nichts von Scheuklappen: zweistimmige Gitarrenläufe à la Iron Maiden? Warum nicht! Mut zum Dance-Punk in "Castle Rock"? Gern!

Das letzte Album liegt vier Jahre zurück. Dazwischen ist einiges passiert. "Mein Bruder (=Pascow-Sänger Alex) und ich sind in der Zwischenzeit Vater geworden. Das verändert die Sicht auf die Dinge", sagt Thomé. Mit großen Konzerten kennt sich der Mittdreißiger aus, nicht nur im Hauptberuf als Geschäftsführer beim Trierer Veranstalter Popp-Concerts. Pascow spielte im vergangenen Sommer als Gäste der Ärzte und der Toten Hosen vor Zehntausenden Zuschauern. Auch wenn die Band überhaupt keine Ambitionen hat, sich einer Mainstream-Punkrock-Masse anzubiedern. Pünktlich zum Release kommt man an der in Gimbweiler bei Birkenfeld probenden Band dennoch kaum vorbei - zumindest nicht in Szenekreisen. "Das Interesse war noch nie so groß wie jetzt", sagt Thomé. Nicht mehr nur die reinen Punkmagazine widmen der Band große Aufmacher. In der "Visions" ist "Diene der Party" sogar Album des Monats. Die Fanbasis ist über die Jahre gewachsen. So hat es Tradition, dass neue Alben in Trier präsentiert werden, bevor es in die Metropolen geht: "Aber dass das Exhaus vier Wochen vorher ausverkauft ist, haben wir noch nicht erlebt."
Extra

Releaseshow: Pascow stellt das neue Album "Diene der Party" am Freitag, 7. März, im großen Exil im Trierer Exhaus vor. Das Konzert ist ausverkauft. Als Support spielen Bambix und Disco Oslo. Die Tour führt die Band unter anderem nach Hamburg (Hafenklang, ausverkauft), Berlin, Köln, München und Dresden. AF

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