Die zwei Neuen am Trierer Theater geben ihre erste Vorstellung (Video)

Trier · Ab der Spielzeit 2018/19 ist Manfred Langner neuer Intendant des Trierer Theaters. Gleichzeitig übernimmt Jochem Hochstenbach die Generalmusikdirektion. Als Team haben sie sich am Donnerstag in Trier präsentiert.

Der eine muss die Scherben zusammenkehren, die Ex-Intendant Karl Sibelius hinterlassen hat. Der andere hat die großen Fußstapfen des beliebten Generalmusikdirektors Victor Puhl vor sich.

Doch die beiden Neuen fürs Trierer Theater wirken alles andere als eingeschüchtert von den großen Herausforderungen. Um ein spontanes Statement für ein Video für die Homepage des TV gebeten, flachsen sie herum: "Ich könnte etwas singen", schlägt der künftige Generalmusikdirektor Jochem Hochstenbach vor. "Ich singe auf gar keinen Fall", greift der künftige Intendant Manfred Langner den Scherz auf, "sonst fliehen hier alle!" Es folgt ein kurzes, witziges kleines Wortgefecht für die Kamera. Keine staatstragenden Reden, keine biedere Vorstellung. Langner, mit verschmitztem Lächeln, wirkt handfester als sein Vorgänger Sibelius, der zu öffentlichen Terminen gerne mal in Shorts und zerrissenem Hemd auftauchte. Hochstenbach wiederum ist nahbarer als der eher distinguierte Puhl.

Die beiden haben längst zum "Du" gefunden und sind bestens gelaunt beim Pressetermin im Theaterfoyer. Sie können aber auch ernst. "Natürlich weiß ich, was hier in den vergangenen beiden Jahren los war, aber gerade solche Herausforderungen müssen bewältigt werden. Ich freue mich darauf, in der Trierer Theatergeschichte eine neue Seite aufschlagen zu dürfen", sagt Langner.

Die Stuttgarter Schauspielbühnen seien mit 190 000 Gästen pro Spielzeit das meistbesuchte Theater Baden-Württembergs. "Man muss Theater machen, das die Bürger verstehen, das publikumsorientiert ist - ich bin mir sicher, so auch in Trier die Zuschauerzahlen steigern zu können", sagt Langner. Die Nachfrage, ob "publikumsorientiert" nicht von manchem als "kommerziell" gedeutet werden könnte, weist er zurück. "Es geht darum, auch schwierige Stoffe so umzusetzen, dass sie attraktiv für Zuschauer sind - keinesfalls darf das allerdings auf Kosten des Anspruchs der Kunst gehen", betont der 59-Jährige. Sorgen, dass unter ihm zehn Mal hintereinander sowas wie die eher seichte Operette "Die lustige Witwe" auf den Spielplan gesetzt werde, müsse jedenfalls niemand haben.

Details, wie er seine erste Spielzeit 2018/19 umsetzen will, könne er noch nicht nennen. "Aber fest steht, dass es am Trierer Theater 2018 eine Inszenierung zum Karl-Marx-Jahr geben wird." Die Antikenfestspiele wolle er in ihrer alten Form nicht wiederauferstehen lassen. "Aber historische Spielstätten - insbesondere Freiluftorte - finde ich äußerst spannend, da werden wir uns sicher was einfallen lassen."

Das Trierer Schauspielensemble mit Beginn seiner Intendanz komplett auszutauschen - wie Sibelius es getan hatte -, plane er nicht. "Ich muss die Künstler und Mitarbeiter nun erstmal kennenlernen. Generell glaube ich an eine gute Mischung zwischen Leuten, die schon länger am Haus sind, und Leuten, die neu dazukommen."
Bislang leitete Langner lediglich Sprechtheater ohne Musiksparte. "Ja, mit Musiktheater habe ich wenig Erfahrung", räumt er denn auch ein, "aber mich reizen Musik und Tanz sehr - und ich werde kompetente Menschen an meiner Seite haben, die mich da unterstützen."

Einer von diesen ist der künftige Generalmusikdirektor, der den Teamgedanken ebenfalls betont: "Genauso, wie ich starke Partner brauche, will ich Herrn Langner eine starke Unterstützung sein", sagt er, "wir wissen schließlich beide, welche große Tradition das Musiktheater in Trier hat." Tendenziell will Hochstenbach die Klassik stärker betonen, "es wird eine Verschiebung hin zur Oper und Konzerten geben, weniger Musicals", sagte er. Während die Orchestermusiker feste Verträge haben, könnte es bei den Sängern Wechsel geben. "Ich werde sehr genau prüfen, mit wem ich weiter arbeite und wen ich noch dazunehme - das ist schließlich Teil meiner Gestaltungsverantwortung", sagt der 46-Jährige.

Vor dem Pressetermin hat Hochstenbach sich die Premiere der Kinderoper "Brundibár" angesehen (Bericht Seite 24). "Der Kinderchor war wirklich sehr, sehr gut!", lobt der Vater einer neunjährigen Tochter mit ehrlicher Begeisterung und strahlenden hellen Augen. Und die Akustik des Trierer Theaters? "Die ist etwas trocken - wegen den vielen Textilien -, aber staubtrocken auch wieder nicht. Man kann definitiv gut damit arbeiten. Aber richtig beurteilen kann ich das erst, wenn ich mal Wagner oder etwas in der Größenordnung dort gehört habe."Extra: MANFRED LANGNER

wurde 1958 in Wiesbaden geboren, ist seit 2009 Intendant des Bühnenverbands "Schauspielbühnen in Stuttgart". Nach dem Abitur absolvierte er eine Ausbildung in einer Finanzverwaltung, studierte dann Jura in Mainz und arbeitete nebenbei in der Filmbranche. Später ging er als Dramaturg und Regisseur ans Grenzlandtheater Aachen, dessen Intendant er 1994 wurde. Seit vielen Jahren ist er auch als Autor und Übersetzer bei Theaterverlagen beschäftigt und inszeniert als Regisseur in vielen Städten in ganz Deutschland. Seinen Vertrag in Stuttgart, der eigentlich bis Sommer 2019 läuft, kann er vorzeitig beenden. Seine Intendanz in Trier, die mit der Spielzeit 2018/19 beginnt, wird ihm weiterhin die Möglichkeit geben, an anderen Häusern zu inszenieren. "Aber der Trierer Spielbetrieb muss dabei immer Priorität haben", erklärte Kulturdezernent Thomas Schmitt am Donnerstag auf TV-Nachfrage. Bei Ex-Intendant Sibelius war die Stadt auch für dessen hohes Anfangsgehalt von gut 11 000 Euro, später auf rund 9000 Euro reduziert, kritisiert worden. "Herr Langner erhält ein Fixgehalt, das unter dem reduzierten Gehalt von Herrn Sibelius liegt. Dazu haben wir eine Erfolgsprämie vereinbart, die an eine Steigerung der Zuschauerzahlen gekoppelt ist, und zwar gezählt ohne Freikarten und sonstige Sonderkontingente", sagte Schmitt. Weitere Sonderleistungen sind nicht vorgesehen.Extra: JOCHEM HOCHSTENBACH

Die zwei Neuen am Trierer Theater geben ihre erste Vorstellung (Video)
Foto: Friedemann Vetter (ClickMe)
Die zwei Neuen am Trierer Theater geben ihre erste Vorstellung (Video)
Foto: Friedemann Vetter (ClickMe)

ist 46 Jahre alt und stammt aus Tilburg in den Niederlanden. Er begann seine Laufbahn als Pianist, bevor er 1994 ein Dirigierstudium bei Uros Lajovic an der Hochschule für Musik in Wien absolvierte. 1997 trat er sein erstes Engagement am Landestheater Linz an, als Kapellmeister und später als Assistent des Generalmusikdirektors (GMD). Es folgen Stationen als erster Kapellmeister und Stellvertreter des GMD am Staatstheater Karlsruhe und als erster Kapellmeister am Konzert Theater Bern. "Ich habe noch eine ultravolle Spielzeit in Bern vor mir", erklärte er am Donnerstag im Gespräch mit dem TV. Trotzdem werde er zwischendurch immer wieder nach Trier kommen, "obwohl die Bahn es einem nicht gerade leicht macht, von Bern bis Mannheim geht's, aber ab da ist die Verbindung eine Katastrophe", berichtet Hochstenbach von seinem bisherigen Trier-Besuchen. Die Stadt gefalle ihm allerdings sehr gut, "ich werde auf jeden Fall mit meiner Frau und unserer Tochter hierher ziehen!" Am Trierer Theater wolle er ein Sängerensemble etablieren. "Wenn Sänger und Sängerinnen über mehrere Spielzeiten immer wieder andere Rollen übernehmen, kann das Publikum sich mit ihnen identifizieren und ihre Entwicklung verfolgen -, sowas ist eine tolle, spannende Sache."

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