Don Giovanni in Packpapier

Wer einen ästhetischen Kontrast zum hübsch-konventionellen Trier er Mozart-Figaro sucht, braucht nur nach Kaiserslautern zu fahren: Dort wartet Mozarts "Don Giovanni" mit trashigem Ambiente auf.

 Scharfenberger. Foto: Archiv

Scharfenberger. Foto: Archiv

Kaiserslautern. (DiL) Es gibt doch immer wieder Neues: Don Giovannis Sevilla ist ein langer, immer enger werdender, mit Packpapier eingeschlagener, kahler Flur. Die Hochzeitsgesellschaft findet beim Fest der Dorffeuerwehr statt, Donna Elvira schwebt durch die Dach-Pappe ein und trägt eine Art Kuscheldecke wie Linus von den "Peanuts" bei sich. Leporello ein bunter Geck, Donna Anna und Don Ottavio ein derart verklemmtes Spießerpaar, dass es am Ende fast bei einer Vergewaltigung landet. Don Giovanni tritt dem von ihm niedergestreckten Komtur wie ein U-Bahn-Schläger in die Seite, und der steinerne Gast erscheint nur als Lichtbogen wie im Krieg der Sterne. Das kann man so machen. Und es ist bestimmt nicht langweilig. Aber das bunte Sammelsurium, das Regisseur Thomas Krauß hier liefert, leidet unter seiner Beliebigkeit. Da wechseln tolle, abstrakte Bilder mit Plattitüden, da versinkt in Albernheit, was kurz zuvor noch ein spannender Gedanke zu sein schien. Gerade glaubt man, mit Ironie und Augenzwinkern den roten Faden des Abends gefunden zu haben, da kriegt man es mit der Psycho-Keule. Aber die Widersprüche werden nicht produktiv, sondern bleiben vordergründig. Bei alledem ist die Personenführung sorgfältig, löst aber den Originalitäts-Anspruch, den das Konzept verspricht, selten ein. Dankbar ist das für Figuren, die aus sich selbst heraus funktionieren, wie bei der sexy Zerlina der schillernden Arlette Meißner. Musikalisch glänzen kann auch Morgan Moodys kraftvoller, wendiger Leporello. Tobias Scharfenbergers Don Giovanni verfügt stimmlich wie darstellerisch weniger über brachiale Kraft als über eine Art bedrohlicher Eleganz. Seine Gestaltungsfähigkeit zeigt sich im Trinklied und im Ständchen, wo anderen oft die Finesse fehlt. Gerade bei Letzterem schimmert durch, dass hinter der Fassade der Hemmungslosigkeit vielleicht doch Verzweiflung steckt.

Barbara Dobrzanska, einst Publikumsliebling in Trier, hat dramatische Rollen wie die Donna Anna inzwischen souverän und sauber intonierend für sich erobert, lässt aber ahnen, dass das italienische Repertoire doch ihr eigentliches Zuhause ist.

Die sängerischen Leistungen (Alexis Wagner, Adelheid Fink, Reto Raphael Rosin) sind durchweg respektabel, und Uwe Sandners Dirigat erzielt seinen Effekt nicht durch extreme Spannung und Exaltiertheit, sondern durch ein ausgewogenes Zusammenführen von Bühne und Graben.

Vorstellungen am 18. Oktober, 7., 27. November. Tickets: 0631/3675209.

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