Don Quijote aus Köln-Marienburg

An seinem 43. Geburtstag überfällt den angeheirateten Banker Hubert Rosebrock die Midlife-Crisis wie ein Magen-Darm-Virus, und die Folgen sind ähnlich katastrophal. Im Bewusstsein um die Ödnis seiner bisherigen Tage und der an Höhepunkten armen Beziehung zu seiner Frau Doris, Erbin eines Kölner Geldinstituts, schlägt Hubert über alle Stränge, die ihn bis dahin einengten: Er geht ins Spielcasino, kauft sich eine Nutte und ein Fahrrad, lernt die Wonnen des Alkohols kennen, klaut einen Köter, der ihm einen Tag später unter den Händen wegstirbt, und lernt bei dessen Beerdigung eine niedliche Studentin kennen, die ihn zwar mit ins Bett nimmt, aber zu seinem Bedauern nur, um nicht mit ihm, sondern bloß neben ihm zu schlafen.

Und dann wird Rosebrock noch entführt und merkt es nicht einmal, während der Kidnapper "Hubsis" Geldinstitut um eine Million Euro erleichtert. Axel Marquardts Roman "Rosebrock" ist - das behaupten wir einfach mal bis zum Beweis des Gegenteils - mit seinem staubtrockenen Humor und einem ausgefeilten Sinn für Wort- und Situationskomik das Witzigste, was seit langem auf den deutschen Buchmarkt drängte. Man kauft dem 1943 im ostpreußischen Insterburg geborenen Autor selbst die unglaublichsten Wendungen in dieser Geschichte ab (und von denen gibt es eine Menge). Und je ver- rückter die Handlung wird, umso gemütlicher richten sich die Figuren in dieser wahnwitzigen Normalität ein. Das ist so absurd wie ein Ionesco-Drama und so abgedreht wie ein Heinz-Erhardt-Gedicht. Dazu wird die Story von zahlreichen Nebenfiguren bevölkert, die in ihrer Skurrilität ebenso liebevoll beschrieben werden wie der komisch-traurige Don Quijote aus Köln-Marienburg. (Für Nicht-Kölner: Das ist jener Stadtteil, in dem die wohlhabenderen Domstädter ihre bescheidenen Villen bewohnen.) Es sollte uns, nebenbei bemerkt, nicht wundern, erschiene demnächst der Film zum Buch. Rainer Nolden Axel Marquardt: "Rosebrock", Verlag Antje Kunstmann München, 190 Seiten, 17,90 Euro. joa

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