Drastisch, blutig und poetisch

Daun · Hat sich das Warten gelohnt? Das Krimifestival "Tatort Eifel" eröffnet mit und ohne Stargast Gudrun Landgrebe, die nur für einen Kurzauftritt gekommen ist.

 Großer Starauftritt für 15 Minuten: Gudrun Landgrebe. TV-Foto: Dirk Tenbrock

Großer Starauftritt für 15 Minuten: Gudrun Landgrebe. TV-Foto: Dirk Tenbrock

Foto: (g_kultur

Daun Ausverkauftes Haus und hohe Erwartungen am Freitagabend auf dem roten Teppich im Dauner Forum zum Premierenabend des Krimifestivals Tatort Eifel. Zur neunten Auflage des bundesweit renommierten Branchen- und Publikumstreffs versammelt sich auch in dieser Saison wieder die Crème de la Crème der Krimiszene zu Diskussionen, Workshops, Party und Kulturevents. Landrat Heinz-Peter Thiel sagt zum Auftakt: "Die Vulkaneifel läuft heiß!"
Heißgelaufen wären auch beinahe einige der 300 Zuschauer, nämlich beim Warten auf den Gaststar des Abends. "Arte Criminale meets Gudrun Landgrebe" war das Programm überschrieben, mit mehreren Krimilesungen wurde geworben. Der Auftritt der "flambierten Frau" beschränkte sich dann allerdings auf ein gutes Viertelstündchen nach der Pause. "Das war ein bisschen dünn", kommentiert ein etwas irritierter Zuschauer. Sei es drum, es wurde dennoch - oder gerade deswegen? - ein rundum spannender, drastisch-blutiger Abend mit einer Prise Erotik und ganz viel Poesie.
Kurzkrimis aus verschiedenen Genres und Kulturkreisen, gelesen, musiziert und inszeniert vom formidablen Ensemble der Arte Criminale. Susanne Hoya singt und tanzt umwerfend, die Palette der im weitesten Sinne kriminellen Songs reicht von Nancy Sinatra über Bonnie and Clyde bis hin zu Lady Gaga. Besonders ergreifend gelingt "The Wild Rose" von Nick Cave, direkt im Anschluss an eine Geschichte, die vom Teufel persönlich handelt. Gewollt und gekonnt erzeugte Gänsehaut. Frank Logemann liest die Krimis vor, nein, es ist mehr: Er erzählt mit sonorer Stimme so intensiv und fesselnd, dass man sich in der Szenerie zu befinden glaubt. Im Hintergrund laufen von geifernden Hunden über Höllenfeuer die passenden optischen Projektionen, Bass, Schlagzeug und Keyboards tun ihr Übriges. Sherlock Holmes wird zitiert, ein Krimi spielt im Nach-Apartheids-Südafrika, ein anderer in einem Nest an der amerikanischen Ostküste. Wechselnde Autoren, wechselnde Sujets, wechselnde Stimmungen, das fesselt die Zuschauer.
Locker und professionell liest auch Gudrun Landgrebe ihre Geschichte vom Blatt, die von Blut und schwarzem Humor nur so trieft. Die Schauspielerin ist 1983 mit dem Film "Die flambierte Frau" bekanntgeworden, und mit diesem Sujet und mit ihrer damaligen Rolle als Edelhure kokettiert auch diese Geschichte einer etwas leichtlebigen Dame, die nach einem One-Night-Stand im Vollrausch ihrem Liebhaber die Kehle durchschneidet. Leicht irre, blutig, witzig und mit einer Pointe, die dem gesamten Saal ein erstaunt schnaubendes Lachen abringt.
Die Landgrebe macht das überzeugend; zierlich und strahlend steht sie da, einen ironischen Zug im Mundwinkel. Ganz wunderbar, das Warten hat sich gelohnt, großer Applaus des Publikums. Ein toller Abend der Arte Criminale, aber auch ein wenig Etikettenschwindel mit dem Zugpferd Landgrebe, den das Festival doch eigentlich gar nicht nötig hätte.

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