Drei Ex-Titanic-Chefredakteure kommen ins Trierer Theater

Seit 1979 ätzt das Satire-Magazin Titanic gegen so ziemlich alles, was irgendwem irgendwie heilig ist. Viele Autoren und Zeichner haben es weit gebracht, drei ehemalige Chefredakteure sogar bald bis nach Trier. Im Volksfreund-Gespräch erklärt einer von ihnen, warum das trotzdem keine so große Ehre ist.

 Oliver Maria Schmitt, Martin Sonneborn und Thomas Gsella (von links) sollte man nicht immer ganz ernst nehmen.

Oliver Maria Schmitt, Martin Sonneborn und Thomas Gsella (von links) sollte man nicht immer ganz ernst nehmen.

Foto: Tom Hintner

Bringt eine besonders wuchtige Satire die Republik in Wallung, wird die Redefreiheit gerne mit dem Tucholsky-Satz verteidigt "Satire darf alles." Während unklar ist, warum ausgerechnet Tucholsky hier zur normsetzenden Instanz wurde, dürfte es die seit 1979 erscheinende Zeitschrift "Titanic" sein, die der Losung am kompromisslosesten folgt: Besonders Politiker und die Kirche bekommen seit 1979 regelmäßig heftige Breitseiten ab - abgefeuert als Texte, Karikaturen und Comics von - beispielsweise - Robert Gernhardt, Peter Knorr, Hans Zippert, Max Goldt, Fanny Müller oder Gerhard Hentschel.

In Anspielung auf Indiskretionen im Vatikan bildete etwa die Juli-Ausgabe 2012 den damaligen Papst Benedikt mit gelb verfärbter Soutane ab, flankiert von der Überschrift: "Die undichte Stelle ist gefunden". Per einstweiliger Verfügung wurde die weitere Verbreitung der Ausgabe zunächst gestoppt - nicht zum ersten Mal in der Geschichte der Titanic, die bisher aber unsinkbar ist. Urheber des Papst-Titels war Oliver Maria Schmitt, der das traditionsreiche Blatt einige Zeit als Chefredakteur führte - ebenso wie Martin Sonneborn ("Heute-Show") und Thomas Gsella (macht auch noch was).

Zusammen lassen die drei Lästerer als "Titanic Boygroup" die spektakulärsten Satiren Revue passieren. Am 6. Mai sprechen sie auf ihrer "Abschiedstour" im Trierer Theater aber auch über ihren unbedingten Willen zur Macht - es ist schließlich Wahlkampf und mit der PARTEI wurde aus der Titanic heraus auch noch eine Spaßpartei begründet, die durch souveräne Ausnutzung der rechtlichen Möglichkeiten ebenfalls viele Aufsehen erregt hat.


Volksfreund-Mitarbeiter Frank Göbel hat Oliver Maria Schmitt gefragt, was am 6. Mai zu erwarten ist.

Herr Schmitt, ein Beispiel für Ihren Humor: Es gab mal ein Computer-Gewinnspiel auf der Titanic-Website, darin sollte man Osama Bin Laden bombardieren. Es war aber schlichtweg unmöglich, ihn zu treffen. Ich habe dann mit roher Gewalt gedroht, falls ich keinen Gewinn bekomme - und zwei Karten für "Holiday On Ice" erhalten.
Oliver Maria Schmitt: Das ist doch ein super Preis.

Naja. Freut Sie das denn, wenn Ihre Leser Ihren Humor teilen?
Schmitt: Sehr. Das sind ja schließlich die Leute, die wir uns heranziehen, damit wir mit deren Geld ein feudales Leben führen können.

Dazu brauchen Sie natürlich auch in Trier ein paar zahlende Gäste. Was erwartet die Leute denn dort?
Schmitt: Wir werden zum Abschied nochmal alles geben, was überhaupt möglich ist: 240 Minuten Spaß, Spiel, Spannung, Jonglage, Illusionen und bodenständiger Rock vom Feinsten. Also Emotion pur - mehr kann man bei
einem Live-Event der Spitzenklasse nicht geboten bekommen.

Danach geht es endgültig in die Politik?
Schmitt: Das ist der Plan. Wir sind ja dann im äußersten Westen der Republik, um uns langsam nach Brüssel vorzutasten. Da wollen wir dann unseren Parteivorsitzenden Martin Sonneborn loswerden. Deshalb rufen wir die
Wahlberechtigten in Trier dringend auf, ihm einen Versorgungsposten zu verschaffen.

Rechnen Sie sich wirklich Chancen aus?
Schmitt: Ich war ja während meiner Bundeskanzlerkampagne letztes Jahr in Trier. Da konnte ich eine euphorisierte, wie wild schreiende Menschenmenge im Exhaus hinter mir lassen.

Hier in der Provinz freut man sich noch, wenn mal jemand halbwegs Berühmtes vorbeikommt. Obwohl Sonneborn natürlich besser gewesen wäre - den sieht man schließlich immer im Fernsehen Und er hat sogar einen Grimme-Preis. Ist er der größte Egomane in ihrer Truppe?
Schmitt: Kann ich so nicht sagen. Wir sind alle drei egozentrische Einzeldarsteller, die sich weitgehend auseinandergelebt haben. Deswegen ist es auch Auflage für die Veranstalter, dass wir drei getrennte Garderoben bekommen und das Gebäude durch drei getrennte Eingänge betreten können. Das wäre im Exhaus nicht möglich gewesen, darum gehen wir jetzt ins Stadttheater.

Stehen denn die Zeichen noch gut für Satire? Oder sind die zu verzerrenden Objekte nicht selbst schon Karikatur genug?
Schmitt: Die Zeiten waren für Satire noch nie so gut wie jetzt. Wir sehen ja, dass sogar einige im Fahrwasser der Titanic unterwegs sind: Denken Sie nur mal an den ehrenamtlichen CDU-Mitarbeiter Sigmar Gabriel, der sich
einbildet, Vertreter einer Partei zu sein, die demnächst die Macht übernimmt. Solange solche Leute unterwegs sind, ist alles möglich für die Satire.

Aber nutzt sich Satire nicht auch ab, indem das befreiende Lachen letztlich nur mit den Zuständen versöhnt? Zeitweise soll das Bashing in der heute-show der FDP ja noch genutzt haben.
Schmitt: Also viel tiefer kann man ja wohl nicht mehr sinken. Wir hoffen übrigens, dass bei unserem Auftritt auch viele gefallene und gestolperte FDP-Mitglieder aus Rheinland-Pfalz zu Gast sind. Rainer Brüderle haben wir eigens eingeladen - er hat auch zugesagt, wenn man ihm ein begehbares Weinfass bereitstellt. Ich glaube, dass wir ihn zumindest nach der Show hinter der Bühne bei einer Whirlpool-Party treffen können.

Wer sollte den auf gar keinen Fall zu Ihnen kommen?
Schmitt: Ich glaube, Leute aus Wittlich sollten gar nicht kommen. Da weiß ich aus meiner Erfahrung, dass da eigentlich für Satire fast alles verloren ist. Da kann nur noch die Hardcore-Satire vom Trierischen Volksfreund
etwas ausrichten.

Sie haben vor vielen Jahren in der Wittlicher Volksfreund-Redaktion eine Hospitanz gemacht. Und zitieren in Ihrer Pressemitteilung den Trierischen Volksfreund, der die Boygroup 2002 in einem, Bericht als "Die Elite des deutschen
Humors" beschrieben hat. Woran erinnern Sie sich in Wittlich?
Schmitt: Mir hat die Justizvollzugsanstalt sehr gut gefallen. Ich durfte zwar nie rein, also bin ich da drum herum gestrichen und habe mir die Berichte und Interviews ausgedacht, die ich dann im Volksfreund platziert habe. An
sonsten war es eine Stadt, deren Sinn und Funktion ich nie verstanden habe. Abends bin ich dann lieber nach Trier gefahren, um dort das Nachtleben zu suchen. Ich habe es aber bis heute nicht gefunden.

Sehr schön.
Schmitt: Heute ist Trier ja eine blühende Stadt. Das wollen wir mit unserem Auftritt ändern: Wir legen dann die Porta Nigra in Schutt und Asche, stopfen uns die Krümel in die Taschen und verkaufen die dann als Mauerreste
in Berlin.

Oh je. Wie war denn die Tour bisher?
Schmitt: Also wir sind erst durch alle Metropolen und Großstädte Deutschland durch. Dann haben wir die mittleren Städte und Kreiszentren besucht. Jetzt kommt der Bodensatz, wie unser Agent gesagt hat: Bei jeder Milchkanne Halt machen und die Provinz schröpfen, so gut es geht.

Gut. Nach diesem Bericht verkaufen Sie sicher noch ein paar Karten, dann sind Sie auf jeden Fall schon mal zu Fünft.
Schmitt: Also wir werden ja erstmals den heiligen Rock außer der Reihe enthüllen, da sollte es schon zu großen Prozessionen ins Stadttheater kommen.

Ihnen ist hoffentlich klar, dass das Thema hier schon ausgiebigst satirisch abgegrast wurde...
Schmitt: Wir sind ja dafür bekannt, dass wir die ältesten Witze Deutschlands in unserem Besitz haben. Besonders in Trier haben wir keine Skrupel, die nochmal auszupacken.

Denken Sie sich denn jedesmal so liebevoll Aktionen aus, die zum Lokalkolorit passen?
Schmitt: Wir haben ja immer viel Zeit zwischen den Auftritten, wenn wir uns auf den Bahamas von den Groupies pflegen lassen. Und wer sich auf Trier nicht vorbereitet, der ist natürlich völlig verloren.

Herr Schmitt, ich danke für das erhellende Gespräch.
Schmitt: Ja, ich danke auch und hoffe, dass Sie mir jetzt alle Worte so im Mund rumdrehen, dass das im TV gerade noch gedruckt wird.

Vielleicht sollte ich das den Kollegen in der Wittlicher Redaktion überlassen.
Schmitt: Das ist eine gute Idee.

Karten gibt es im TV-Service-Center Trier, unter der Tickethotline 0651/7199-996 sowie auf www.volksfreund.de/ticketsExtra: Ticket-Verlosung


Wir verlosen drei mal zwei Tickets für den Auftritt der Titanic Boygroup. Sie möchten gewinnen? Dann rufen Sie einfach die Hotline 01379-375004 an und nennen Name und Anschrift. Die Hotline ist am 1. Mai bis 24 Uhr geschaltet und kostet 50 Cent pro Anruf aus dem deutschen Festnetz (abweichende Preise aus dem Mobilfunk sind möglich).

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