Dunkle neue Welt - "Tribute von Panem - Mockingjay Teil 1" beweist: Negative Zukunftsszenarien haben auf der Leinwand Hochkonjunktur

Trier · Vor zwei Jahren hat die Romanverfilmung "Die Tribute von Panem" eine Welle ähnlich düsterer Zukunftsvisionen für ein jugendliches Publikum losgetreten. Heute startet der dritte Teil in den Kinos. Der Trierische Volksfreund hat sich genauer mit diesem Phänomen befasst.

Dunkle neue Welt - "Tribute von Panem - Mockingjay Teil 1" beweist: Negative Zukunftsszenarien haben auf der Leinwand Hochkonjunktur
Foto: Presse/PR

Trier. Erfolg lässt sich nicht kalkulieren. Hollywood versucht es dennoch und wendet eine simple Formel an: Stoffe, die sich bereits in anderen Medien prächtig verkauft haben, funktionieren auch als Film. Jugendbücher sind bei den Produzenten besonders beliebt. Nach fantastischen Welten ("Harry Potter", "Herr der Ringe", "Twilight") wird es nun politisch.
Seit sechs Jahren erobern Dystopien den Buchmarkt (siehe Extra). Deren Verfilmungen lassen nicht lange auf sich warten. Obwohl sich mit Lois Lowrys "Hüter der Erinnerung" bereits 1993 ein dystopischer Jugendroman millionenfach verkaufte, brachte erst das Werk einer anderen Autorin den Boom: Suzanne Collins\' "Die Tribute von Panem". Seither haben es auch Veronica Roth\' "Die Bestimmung", James Dashners "Maze Runner" und Lowrys "Hüter der Erinnerung" in die Kinos geschafft. Zeit, das Phänomen genauer unter die Lupe zu nehmen.

Einer gegen alle: In den Romanen steht stets ein Jugendlicher im Mittelpunkt, der sich gegen die bestehende Gesellschaft auflehnt. Die Geschichten spielen allesamt in Welten, die sich aus den Trümmern einer untergegangenen Zivilisation erhoben haben. Sie sind mal mehr, mal weniger stark von Konformität, Überwachung und Kontrolle geprägt. Eines haben aber alle Gesellschaften gemeinsam: die unverrückbare Einteilung ihrer Individuen in Kasten. Nicht zuletzt dagegen rebellieren die Protagonisten.

Gründe des Booms: In Zeiten des Umbruchs nehmen düstere Zukunftsvisionen zu. Viele Literaturkritiker sehen in Ereignissen wie der Finanzkrise 2008 eine Ursache des Booms. Folgt man dieser These, dürften Klimawandel, Epidemien und Konflikte von der Ukraine bis zum Kampf der Terrormiliz Islamischer Staat im Irak die Verkäufe weiter befeuern. Vielleicht ist der Auslöser aber auch simpler: Vor dem Hintergrund totalitärer Systeme lässt sich das Erwachsenwerden eines Jugendlichen schlicht spannender erzählen.

Kritik und Gefahren: In dieser Spannung liegt jedoch die Gefahr, die Gesellschaftskritik zu verwässern. Besonders die Verfilmungen, die allesamt auf Action setzen, riskieren nicht nur, dass ihre Botschaft zwischen all den Schauwerten untergeht. Schlimmer noch: Durch die gewaltsame Überwindung der Regime wenden die Protagonisten meist unreflektiert deren eigene Mittel an. Und was die Inszenierung der Filme betrifft, steht diese den Inszenierungen der in den Filmen kritisierten Propagandamaschinerie in nichts nach.Extra

Als Dystopie oder Anti-Utopie wird eine Erzählung bezeichnet, in der sich eine zukünftige Gesellschaft zum Negativen entwickelt. Häufig sind die in den Geschichten beschriebenen Gemeinschaften durch strikte Verbote, rigide Strafen, Überwachung und Kontrolle in allen Lebensbereichen gekennzeichnet. Als wohl bekannteste literarische Vertreter gelten Aldous Huxleys "Schöne neue Welt" (1932) und George Orwells "1984" (1948). fas

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