Dvoráks zahllose Schönheiten

Trier · Ein Bratschenkonzert in einer Uraufführung, ein prominenter Bratschist, eine sozialkritische Filmkomposition, eine Kombination aus akademischer Fuge und ausgelassenem Tanz und zum Abschluss Antonin Dvoráks Achte: Vielfältiger hätte das 2. Trierer Sinfoniekonzert kaum sein können.

Trier. Ach ja, die Bratsche! Von Musikern spöttisch als "Dieselgeige" tituliert, fristet sie meist ein Schattendasein im Orchester. Die Komponisten machen zudem einen Bogen um das Instrument. Klassisch-romantische Bratschenkonzerte fehlen völlig, und in der Moderne sieht es nicht viel besser aus.
Und dann kommt Arturo Pantaleón-Mendoza mit einem Bratschenkonzert. Und Felix Schwartz spielt bei der Uraufführung im 2. Trierer Sinfoniekonzert die Solopartie. Unversehens entfaltet die Bratsche eine Beweglichkeit, die man ihr nicht zutrauen mochte, und dazu einen samtigen Glanz, der Wärme und Sympathie ausstrahlt.
Pantaleón, der in Berlin lebende Mexikaner, hat sein Konzert ganz auf die Bratsche zugeschnitten. Er hat ihr das teils schwermütige und teils nobel-aristokratische Naturell abgelauscht. Felix Schwartz spielt so beredt, so schattierungsreich und virtuos, dass sich alle Bratschen-Klischees erledigen. Und weil Gastdirigent Miguel Salmon Del Real Solist und Tutti sicher zusammenhält, schadet es kaum, das Pantaleón trotz einiger südamerikanischer Anklänge das Orchester ziemlich europäisch-konventionell behandelt.
Überhaupt: Miguel Salmon Del Real. Es ist sein sparsames, sorgfältiges und hellhöriges Dirigat, das dieses Sinfoniekonzert prägt. "Redes" von Silvestre Revueltas, ursprünglich eine sozialkritische Filmmusik um mexikanische Fischer, entfaltet eine beeindruckende Klangfarbenvielfalt und ein breites Ausdrucksspektrum zwischen schwermütiger Klage und trotzigem Aufbegehren. Vom ersten Trompetensignal an glänzen die Trierer Philharmoniker mit Präsenz und Präzision. Und nach der Pause geleitet Salmon Del Real die Streicher sicher durch Aldemar Romeros heikle Fuga con Pajarillo - nachdenklich und ausgelassen zugleich.
Dann Antonin Dvoráks Achte. Waltete da vielleicht zu große Vorsicht? Gerät das einleitende Alle-gro con brio zu sanft und der dritte Satz, Allegretto grazioso, zu wenig beschwingt? Fest steht: Salmon Del Real distanziert sich von aller Effektsuche. Der Dirigent und die Trierer Philharmoniker horchen auf die zahllosen kleinen Schönheiten der Partitur. Da fließt Dvoráks Sinfonie - ungezwungen, frei von Forcierungen. 600 Zuhörer sind beeindruckt. mö

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